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Zu spät gemeldet: Unregelmäßigkeiten bei Sozialabgaben für Vertretungslehrer

Bildungsverwaltung im Visier der Staatsanwaltschaft: Gegen die Personalstelle der Bildungsverwaltung wird wird wegen nicht oder zu spät gezahlter Sozialabgaben ermittelt.

Wenn der Staat gegen sich selbst ermittelt, ist das eine delikate Angelegenheit – wie aktuell im Fall der Senatsbildungsverwaltung zu. Nach Informationen des Tagesspiegels ermittelt die Zollhauptverwaltung im Auftrag der Staatsanwaltschaft gegen die Personalstelle der Bildungsverwaltung wegen nicht oder zu spät gezahlter Sozialabgaben bei der Beschäftigung von Vertretungslehrern. Der Vorwurf lautet auf das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach Paragraf 266a StGB. Die Staatsanwaltschaft machte am Montag keine näheren Angaben zu dem Verfahren. Auf Anfrage bestätigte Sprecher Martin Steltner lediglich, dass die Vorwürfe durch die Staatsanwaltschaft geprüft würden.

Laut Bildungsverwaltung handelt es sich um zwölf von 1078 abgeschlossenen Verträgen mit Vertretungslehrern, die derzeit überprüft würden. In diesen Fällen sei es vorgekommen, dass die Lehrkräfte zu spät bei der Sozialversicherung angemeldet worden seien. „Wir begleiten die Überprüfung der Staatsanwaltschaft kooperativ“, sagte Beate Stoffers, Sprecherin der Bildungsverwaltung. Derzeit würden verschiedene Personen zu den Vorgängen befragt. Ob es sich dabei um Schulleiter oder Angestellte der Verwaltung handelt, wollte sie nicht sagen.

Hintergrund der fraglichen Verträge ist die sogenannte Personalkostenbudgetierung, die es Schulen seit dem Schuljahr 2007/08 ermöglicht, Verträge mit Vertretungslehrern eigenverantwortlich abzuschließen. Sie erhalten dafür zusätzlich zu ihrem jährlichen Etat drei Prozent des Budgets. Die Direktoren können damit kurzfristig Lehrer aus einem Vertretungspool einstellen, zum Beispiel wenn einer der Kollegen erkrankt ist. Der Vertrag wird zwischen dem Direktor und dem Lehrer geschlossen. Für die Zahlung der Gehälter und Sozialabgaben sind jedoch nicht die Schulen zuständig, sondern die Personalstelle in der Bildungsverwaltung. An diese leiten die Schulleiter die Verträge über Vertretungen weiter.

„Wir als Schulleiter sind nur für die pädagogische Betreuung der Vertretungslehrer zuständig“, sagte der Schulleiter eines Gymnasiums, der namentlich nicht genannt werden will. „Alles andere ist Sache der Personalstelle der Bildungsverwaltung. Wir vertrauen darauf, dass diese die Aufgaben zeitnah erledigt.“ Allerdings sei die Personalstelle offenbar so überlastet, dass die Abrechnungen lange liegenbleiben.

Das heißt: Die Vertretungslehrer müssen lange auf ihr Geld warten – manchmal sogar so lange, dass sie schon gar nicht mehr in der Schule arbeiten, wenn die erste Überweisung kommt, wie Holger Dehring von der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) berichtet. Diese Tatsache hatte vor einigen Monaten der Hauptpersonalrat der Bildungsverwaltung in einem Brief an den zuständigen Senator Jürgen Zöllner kritisiert – und damit offenbar die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen. Denn wird das Gehalt zu spät gezahlt, werden auch die Sozialabgaben zu spät abgeführt, so der Verdacht der Ermittler.

Deshalb würden derzeit die fraglichen Fälle nachkontrolliert. Die Bildungverwaltung hat indes bereits angekündigt, Verzögerungen künftig vermeiden zu wollen. Bereits im März seien 13 Servicemitarbeiter in den regionalen Schulaufsichtsbehörden eingestellt worden, sagte Sprecherin Beate Stoffers. Diese sollen das Verfahren beschleunigen.

Unter Lehrern haben die aktuellen Vorgänge Unruhe und Unverständnis ausgelöst. „Das ist, als ob man mit Kanonen auf Spatzen schießt“, sagte Peter Michael Rulff, der Vorsitzende der Schulleitervereinigung Berufliche Bildung, dem Tagesspiegel auf Anfrage. „Der Staat verfolgt sich selbst, weil er Abgaben hinterzieht – das ist doch absurd.“ Ralf Treptow, der Vorsitzende des Verbandes der Oberstudiendirektoren, sprach von „marginalen Einzelfällen“.Frank Bachner/Barbara Kerbel

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