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Berlin: „Zu viele Bahnen und Busse fahren parallel“

Stadtentwicklungssenator Peter Strieder will neben dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) eine neue Nahverkehrsgesellschaft gründen, die nur für Berlin zuständig sein soll. Aufgabe der Gesellschaft soll sein, bei den Verkehrsbetrieben die Leistung zu bestellen, die der Senat haben will.

Stadtentwicklungssenator Peter Strieder will neben dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) eine neue Nahverkehrsgesellschaft gründen, die nur für Berlin zuständig sein soll. Aufgabe der Gesellschaft soll sein, bei den Verkehrsbetrieben die Leistung zu bestellen, die der Senat haben will. Der Plan ist heftig umstritten. Die BVG lehnt ihn ab, weil sie befürchtet, dadurch zu einem reinen „Lohnkutscher“ zu werden. Und in Brandenburg vermutete man bereits, Berlin wolle sich aus dem Verkehrsverbund verabschieden.

Warum braucht Berlin eine neue Nahverkehrsgesellschaft?

Wir brauchen eine Regie- und Bestell-Organisation, die bei den Verkehrsbetrieben die von uns gewünschte Leistung bestellt. Sie soll unter anderem Linien festlegen, Haltestellenabstände vorgeben und Taktzeiten vorschreiben und darauf achten, dass Berlin eine optimale Leistung von den Verkehrsbetrieben erhält.

Das kann doch auch der VBB. Warum ist dann eine weitere Gesellschaft erforderlich?

Der VBB koordiniert den regionalen Verkehr. Hier geht es um Berlin. Heute zahlen wir als Land Berlin allein 1,3 Milliarden Mark an die BVG. Deshalb muss die Verwendung auch beim Land Berlin liegen.

Und die neue Gesellschaft kann es dann wirklich besser?

Sie wird sich ausschließlich um die Berliner Interessen kümmern, was nach den VBB-Regeln auch möglich ist. Der VBB ist weiter für den regionalen Verkehr zuständig.

Die BVG lehnt Ihre Pläne ab.

Das ist doch klar. Sie wird in Zukunft nicht mehr festlegen können, welche Busse wann wohin fahren oder ob die U-Bahn auch in den Nächten unterwegs sein soll, sondern das macht die neue Gesellschaft.

Wollen Sie den Nahverkehr damit neu erfinden und das Angebot völlig umkrempeln?

Keinesfalls. Wir wollen das Angebot optimieren und preiswerter machen. Derzeit gibt es immer noch zu viele Linien bei Bahnen und Bussen, die parallel fahren.

Hätten Sie das nicht schon abstellen können?

Nicht unter den derzeitigen Bedingungen. Wir haben einen Vertrag mit der BVG, der festschreibt, wie viele Kilometer die Fahrzeuge der BVG im Jahr fahren müssen. Die Linien legt dabei die BVG fest. Dabei verfolgt sie auch betriebswirtschaftliche Interessen. Die neue Gesellschaft wird dagegen vor allem kundenorientiert arbeiten.

Wie geht das, wo Sie doch einen großen Teil der Mitarbeiter aus den Reihen der BVG, die Sie jetzt kritisieren, übernehmen wollen?

Die Mitarbeiter sind doch nicht schlecht, aber ihre Vorgaben sollen sich an der Verkehrspolitik ausrichten. Und wir müssen sicherstellen, dass das Geld im Kundeninteresse optimal eingesetzt wird. Gegenwärtig ist es so, dass die BVG mit öffentlichem Geld Verkehrsuntersuchungen vornimmt, sich aber weigert, uns die Ergebnisse vorzulegen.

Das wird mit der neuen Gesellschaft dann tatsächlich anders?

Ja, sie wird diese Untersuchungen dann selbst vornehmen und die Wünsche der Kunden erfüllen. Sie wird aber auch kontrollieren. Wenn ein Verkehrsbetrieb nicht die gewünschte Leistung liefert, erhält er auch weniger Geld. Basta.

Soll die neue Gesellschaft auch die Tarife festlegen?

Nein, das soll weiterhin beim VBB liegen. Wir erwarten hier aber in Zukunft innovativere Konzepte als heute – wie zum Beispiel das verbilligte Schülerticket, das wir im vergangenen Jahr gegen den Widerstand der BVG durchgesetzt haben.

Und jetzt klagt die BVG, dass sie dadurch weniger Einnahmen habe. Auch die billige Schülerkarte sei ein Verlust.

Das hat mir die BVG noch nicht nachgewiesen. Klar ist, dass wesentlich mehr Schüler die verbilligten Karten kaufen. Das ist auch Kundenbindung für die Zukunft. Hätte die BVG für die neuen Angebote wie die Freizeitkarte oder das Berlin-Ticket mehr geworben, würden noch mehr Berliner mit Bahnen und Bussen fahren. Das Marketing der BVG ist typisch für einen Monopolbetrieb. Und das muss sich ändern.

Das Gespräch führte Klaus Kurpjuweit

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