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Homosexuelle Opfer von Zwangsehen sollten in Berlin Krisenwohnungen bekommen.

© imago/Thomas Eisenhuth

Zufluchtsorte in Berlin: Kein Geld für Opfer von Zwangsehen

Die Schaffung von Krisenwohnungen war im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Nun muss die bislang einzige Wohnung vielleicht wieder gekündigt werden.

Die Zahlen sind erst zwei Wochen alt: 2017 wurden in Berlin 570 Zwangsehen geschlossen oder angedroht, die Dunkelziffer schätzen Experten auf das Zehnfache. Die Stadt braucht dringend Hilfsangebote für Betroffene. Das vorläufig gescheiterte Projekt einer Krisenwohnung für homosexuelle Opfer von Zwangsehen aber zeigt: Die Prioritäten des rot-rot-grünen Senats liegen scheinbar woanders.

Dabei hatte der – zur Freude des Lesben und Schwulenverbandes Berlin (LSVB) – die Schaffung einer Krisenwohnung im Koalitionsvertrag festgeschrieben. „Das war ein großer Erfolg für uns“, sagt Jörg Steinert, Vorsitzender des LSVB. Heute ist er konsterniert, spricht vom „rot-rot-grünen Verschiebebahnhof“. Weil sich die infrage kommenden Senatsverwaltungen das Projekt gegenseitig zuschoben und zuletzt auch die Lotto-Stiftung Berlin einen Förderantrag ablehnte, steht das Projekt vor dem Aus.

Besonders bitter: Mit der Arbeiterwohlfahrt (Awo) hatte der Träger des Projektes bereits eine geeignete und bezahlbare Wohnung angemietet, ein Glücksfall angesichts des überhitzten Wohnungsmarktes. „Nun kann es passieren, dass wir die Wohnung wieder kündigen müssen“, sagt Christian Meyerdierks von der Awo.

Absage auf Absage folgten

Tatsächlich ist die Liste der Abweisungen lang: Nachdem die mit 600 000 Euro veranschlagten Kosten des Projekts im Doppelhaushalt 20018/2019 schlicht nicht eingestellt worden waren, folgte Absage auf Absage. Erst übergab die Senatsverwaltung für Soziales das Projekt an die Senatsverwaltung für Justiz, dort blieb eine Prüfung ergebnislos. Über den Umweg des Senatskanzlei-Chefs Christian Gaebler (SPD) folgte der Verweis auf die Lotto-Stiftung, deren mehrheitlich mit Mitgliedern der Regierungskoalition besetzter Stiftungsrat die Entscheidung erst vertagte und schließlich ablehnte.

Begründet werden die Urteile des Gremiums generell nicht. „Alle haben immer gesagt: ,Das ist ein tolles Projekt, aber wir machen das nicht’“, berichtet Meyerdierks. Nun droht die Awo auf 15 000 Euro Mietkosten für die seit dem 1. Mai leerstehende Wohnung sitzenzubleiben.

Burkard Dregger, Chef der CDU-Fraktion und Mitglied im Lotto-Stiftungsrat, kritisierte den Senat heftig: „Wenn es der Koalition wichtig wäre, hätte sie das Projekt im Haushalt berücksichtigen müssen. Offenbar ist es ihr nicht wichtig.“ Die nun erfolgte Ankündigung der Justizverwaltung, die benötigten Mittel für den Doppelhaushalt 2020/2021 zumindest angemeldet zu haben, könnte für die Krisenwohnung und ihre potenziellen Bewohner zu spät kommen.

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