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Die Dörfer der Mark. Das Luftbild zeigt den Ort Sieversdorf im Landkreis Oder-Spree (Brandenburg).

© picture alliance / Patrick Pleul

Zukunftsstrategie für ländliche Räume: Brandenburg will seine Dörfer attraktiver machen

Brandenburgs Landregionen werden vernachlässigt und unterschätzt. Eine Enquetekommission hat ihre Potenziale untersucht.

Paradoxe Mark. Holzhäuser zu errichten ist selbst in Berlin leichter als im waldreichen Brandenburg, wo die Potenziale der Forstwirtschaft „bei Weitem noch nicht ausgeschöpft werden“. Ja, so steht es im Abschlussbericht der Enquete-Kommission des Brandenburger Parlamentes zur „Zukunft der ländlichen Regionen“, der nun offiziell an Parlamentspräsidentin Britta Stark (SPD) übergeben wurde.

Darin wird auch eine Strategie „Forst- und Holzwirtschaft“ gefordert – und auch das: „Die Landesbauordnung soll so geändert werden, dass eine wesentliche stärkere Verwendung von Holz als Baumaterial zugelassen wird. Derzeitige Beschränkungen etwa beim Bau mehrgeschossiger Gebäude müssen überwunden werden“, heißt es. „Diese Chance wird bereits durch andere Bundesländer wie Baden-Württemberg, Berlin und europäische Staaten genutzt.“

Es ist nur ein Beispiel, aber typisch für das intensive Bemühen der elf Abgeordneten und sechs Experten der Kommission, für die ländlichen Regionen, die prägend für die Mark sind, aber an vielen Strukturproblemen leiden, neue Potenziale zu beschreiben. Das Ergebnis nach vier Jahren Arbeit? Die Brisanz, die Wucht liegt im Kleingedruckten – mit vielen konkreten Detailvorschlägen, Empfehlungen und Forderungen auf 267 Seiten.

Einig zeigten sich alle darin: „Wir wollen nicht, dass dieser Bericht in der Schublade bleibt“, wie es der Vorsitzende Wolfgang Roick (SPD) formulierte. Die Regierung sei aufgefordert, ein Konzept vorzulegen, wie die Empfehlungen umgesetzt werden. Zwar ist einiges, wie „mehr Rechte für die Dörfer“, in den letzten Monaten bereits von der rot-roten Regierung und vom Landtag aufgegriffen und beschlossen worden.

Das Meiste aber werde Aufgabe der künftigen Regierung und des Parlaments nach der Landtagswahl am 1. September sein, wie es hieß.

Den roten Faden, das wichtigste Fazit, beschrieb die Linke-Abgeordnete Anke Schwarzenberg so: „Wir brauchen für die ländlichen Räume eine Landesstrategie.“ Die es bislang nicht gebe, ergänzte CDU-Vertreter Rainer Genilke. Und Jens Graf vom Städte- und Gemeindebund würdigte, dass die Rückzugspolitik, also die Jahre von Konsolidierung, Schließungen und Behördenfusionen zu Ende ist.

Zufrieden zeigte sich auch der Grüne Benjamin Raschke, zugleich Spitzenkandidat seiner Partei für die Brandenburg-Wahl. So habe man eine stärkere Förderung des Öko-Landbaus verankern können. Nötig sei auch eine Stärkung des bisherigen Ministeriums für Agrar- und Umwelt, das bislang nur Fördermittel verteile, aber keine eigene Strategie habe.

Digitalisierung, Infrastruktur und Vor-Ort-Entscheidungen

Die Kommission, die viel in der Mark unterwegs war, aber auch nach Mecklenburg-Vorpommern oder Spanien geschaut hat, hat ein breites Spektrum bearbeitet. Vor allem bei der Digitalisierung, bei Infrastruktur und Freiräumen für Vor-Ort-Entscheidungen müsse es nach ihrem Plädoyer schneller vorangehen. „Alle Brandenburgerinnen und Brandenburger haben Anspruch auf ein flächendeckendes Internetangebot in Gigabit-Geschwindigkeit, spätestens ab 2025“, heißt es etwa.

Im öffentlichen Nahverkehr, wo die Probleme voller Züge im Speckgürtel und schlechter Verbindungen im Land beschrieben werden, hält die Kommission die bisherigen Regierungsmaßnahmen für nicht ausreichend. Gefordert wird zum Beispiel, alle Regionalisierungsmittel des Bundes für den öffentlichen Nahverkehr einzusetzen und nicht wie bisher damit auch Schulbusse zu finanzieren. „Dies impliziert auch einen verstärkten Einsatz landeseigener Mittel“, heißt es. Damit sollten auch vollflexible Rufbusse gefördert werden.

Der Enquetebericht kritisiert auch die bisherige Raumordnung und Landesplanung als zu rigide. Gefordert wird, „im Rahmen der Landesplanung insbesondere für periphere ländliche Räume in Brandenburg mehr Spielträume und Möglichkeiten für eine eigenständige und selbstverantwortliche Regionalentwicklung zu eröffnen.“

Der oppositionellen CDU, die bei einem Wahlsieg den Landesentwicklungsplan mit Berlin kündigen will, ging das nicht weit genug. Die Union ergänzte den rot-rot-grünen Bericht mit einer „abweichenden Meinung“. Gleichwohl wollte niemand diese Konstellation als Fingerzeig für eine etwaige rot-rot-grüne Koalition nach der Brandenburg-Wahl verstanden werten. Und der CDU-Abgeordnete Rainer Genilke lobte das Ergebnis der Enquete insgesamt als „großes Werk“.

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