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Berlin: Zum Davonlaufen?

Die Bahn wollte Berlin verlassen. Unternehmen wünschen sich mehr Aufmerksamkeit der Politik

Die Bahnzentrale bleibt in Berlin – weil die Bundesregierung den geplanten Umzug nach Hamburg verhindern will. Doch die Debatte über den Unternehmensstandort und den Umgang des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) mit der Wirtschaft hält an. „Ich hoffe, dass sie den Druck auf Wowereit erhöht, seine Berliner Unternehmen freundlicher zu behandeln“, sagt Andreas Eckert, Vorstandsvorsitzender des Medizintechnik-Herstellers Eckert & Ziegler. „An unseren Standorten in Baden-Württemberg spürt man, dass sich Politik und Verwaltung mehr um Unternehmen bemühen.“

Das Bundeskabinett hatte sich am Dienstag gegen eine Verlegung der Bahnzentrale nach Hamburg ausgesprochen. Offenbar denkt die Bahn nun darüber nach, lediglich die Logistiksparte mit rund 400 Beschäftigten an die Elbe zu verlegen, berichtete die „Financial Times Deutschland“ (FTD) am Mittwoch.

Ein Sprecher des Bahntechnikherstellers Bombardier Transportation stellte klar, dass das Unternehmen seine Standortentscheidungen nicht von denen der Deutschen Bahn abhängig mache. Die Weltzentrale von Bombardier Transportation, einer Tochter des kanadischen Bombardier-Konzerns, werde weiterhin in Berlin bleiben, selbst wenn die Bahn wegziehe, sagte er dem Tagesspiegel. Auch die Zukunft des brandenburgischen Werks Hennigsdorf sei nicht vom Hauptsitz der Bahn abhängig.

Dem Ansehen des Standorts dürfte die Diskussion um den Umzug der Bahn geschadet haben. Die Stimmung unter den Wirtschaftstreibenden der Stadt sei „extrem schlecht“, viele würden wirkliches Engagement von Seiten des rot-roten Senats vermissen, so der Sprecher einer mittelständischen Firma, der nicht namentlich genannt werden wollte. „Ich kann Mehdorn gut verstehen.“ Bei Wowereit würden Unternehmer fast nie einen Termin kriegen, selbst dann nicht, wenn sie Arbeitsplätze schaffen wollten, kritisierte der Unternehmenssprecher. „Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, mit denen eine Stadt einem das Gefühl vermitteln kann, dass man hier gerne gesehen und gut aufgehoben ist“, sagte der Sprecher, dessen Firma mehrere hundert Menschen beschäftigt.

Andere Firmen sind dagegen mit dem Standort Berlin sehr zufrieden. Siemens beschäftigt hier rund 14 000 Menschen und hatte 2004 zusätzlich die Abteilung Vertrieb und Service Deutschland mit inzwischen 100 Mitarbeitern an die Spree gelegt. „Das war für uns ein strategisches Engagement und ist mit einem dauerhaften Bekenntnis zum Standort Berlin verbunden“, sagte Siemens-Sprecherin Ilona Thede. Auch von einer Wirtschaftsferne der Politik spüre man bei Siemens nichts: „Wirtschaftssenator Harald Wolf ist regelmäßig auf unserem Werksgelände, und auch Herr Wowereit war schon mehrfach bei uns zu Gast.“

Der Musikkonzern Universal, der 2002 von Hamburg nach Berlin gezogen war, hat mehrfach betont, Berlin sei der ideale Standort für das Unternehmen. Vorstandschef Frank Briegmann glaubt, dass die rund 500 Mitarbeiter in der kreativen Hauptstadt am Puls der Zeit arbeiten. Lediglich die Volksmusik-Sparte soll weiter in München bleiben. „Die Nähe zu den Alpen macht in diesem Bereich auch Sinn“, heißt es.avi/hop/jul/mot

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