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Berlin: Zum Himmel hoch, da komm ich schwer…

Am Schloßplatz versuchte man sich im Eisklettern. Auch sonst war die halbe Stadt unterwegs – bei Sonnenschein. Und so soll das Wetter auch bleiben

Dagmar, 32, schlägt sich tapfer, an diesem Klotz zwischen Himmel und Erde. Jagt die Pickel ins Eis, dass die Splitter nur so spritzen, zieht sich Zentimeter für Zentimeter höher. Dann verschätzt sie sich, es macht „Ratsch“, Dagmar hängt mal wieder in den Seilen, und ihr Vater unten kichert: „Abgestürzt! Das fünfte Mal tot!“

Die neun Leben einer Katze wären für die meisten knapp bemessen, die sich gestern am Eisturm auf dem Schloßplatz versuchten. Aufgestellt hat den Klotz BMW für ein Turnier: „Ice Climbing“ gehörte am Samstag zum Abschluss der Disziplinen Cross Biking und Cross Running. Bis kommenden Freitag bleibt der Eisblock jetzt stehen, damit es auch Anfänger wie Dagmar einmal versuchen können (täglich von 12 bis 20 Uhr) . Fünf, sechs Meter kämpft sich Dagmar nach oben, dann lässt sie sich vorsichtig abseilen. Und? Der Ausblick? Dagmar guckt irritiert. „Gar nicht drauf geachtet.“

Dabei hätte es einiges zu sehen gegeben, oben, auf der Spitze des Eisbergs. Die Sonne beispielsweise, wie sie sich im goldenen Kreuz des Domes spiegelt. Rauchschwaden, die hinten beim Weihnachtsmarkt aufsteigen. Spaziergänger, Busse, Radfahrer, Inlineskater, Touristen – gestern, so schien es, war die gesamte Stadt auf den Beinen, um nach dem trüben Grau das satte Blau noch einmal richtig zu genießen.

Ob am Schlachtensee oder mitten in der City, einsam musste man sich nirgends fühlen. Das galt auch für die Besucher, die sich vorm Dom-Aquaree – den happigen Eintrittspreisen zum Trotz – in die meterlange Schlange einreihten .

Umsonst und draußen wird es hingegen am Schloßplatz. „Nochmal! Fester! Gut, der sitzt“, ruft Axel Hake, Ausbilder beim Alpenverein, nach oben. Kalt und trocken – für Eiskletterer sind das die idealen Bedingungen, und laut Meteorologen bleibt’s auch erstmal so: Noch bis zur Wochenmitte soll uns Hoch „Betty“ mit viel Sonnenschein und Temperaturen um die zwei Grad verwöhnen. Danach könnte es dem Eisblock aber an die Substanz gehen: Milden Wind und Temperaturen um die zehn Grad erwarten die Wetterforscher zum Ende der Woche. Wohin man schaut, keine kalte Luft, kein dickes Tief im Anmarsch.

Die Aussichten auf ein weißes Weihnachtsfest sind damit nicht sonderlich rosig. Rein statistisch ist Berlin damit auch noch nicht wieder dran. Hier haben die Meteorologen pro Zehn-Jahres-Zeitraum immer höchstens drei verschneite Weihnachten registriert, und dieses Soll ist bereits erfüllt. In den vergangenen drei Jahren hat es, mal mehr und mal weniger, jedes Mal zum Fest geschneit.

Aber ein so blauer Himmel, der hat ja auch was. Der nächste Kandidat am Schloßplatz startet selbstbewusst – und scheitert schnell. Aus zwei Metern Höhe lässt sich der Mann einfach plumpsen. „Dit is dit Schönste“, johlt er in den Seilen schaukelnd. Und der Ausblick lässt sich so ja auch am besten genießen.

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