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Berlin: Zum Shoppen in die Schule

Von Henning Kraudzun Die Walter-Gropius- Gesamtschule in Neukölln beabsichtigt, sich neue Klassenräume und eine Aula von einem Investor finanzieren zu lassen, der wiederum den Einzelhandel auf das Schulgelände holen darf. Im Erdgeschoss des geplanten Neubaus in der Fritz-Erler-Allee soll dann voraussichtlich ein Supermarkt einziehen.

Von Henning Kraudzun

Die Walter-Gropius- Gesamtschule in Neukölln beabsichtigt, sich neue Klassenräume und eine Aula von einem Investor finanzieren zu lassen, der wiederum den Einzelhandel auf das Schulgelände holen darf. Im Erdgeschoss des geplanten Neubaus in der Fritz-Erler-Allee soll dann voraussichtlich ein Supermarkt einziehen. Man habe angesichts leerer Kassen überlegt, wie man die Erweiterung bezahlen könne, sagt Schuldirektor Detlef Skrok. Zudem benötige man für die 1200 Schüler dringend eine Aula.

Im Bezirksamt steht man dem Vorhaben wohlwollend gegenüber. „Das wäre ein Glücksfall, jedoch müssen erst alle rechtlichen Grundlagen abgeklärt werden“, sagt die Baustadträtin Stefanie Vogelsang (CDU). Als Anreiz will man dem Braunschweiger Investor das Teilgrundstück als Erbbaupacht überlassen. Dort steht heute noch ein Behelfsbau mit sechs Klassenräumen, der dann abgerissen wird. Diese Räumlichkeiten werden nach der Fertigstellung des Neubaus im ersten Obergeschoss, gleich über dem Supermarkt, neu entstehen. Im zweiten Stock soll eine Aula mit 500 Plätzen entstehen.

„Wir tragen danach nur die Betriebskosten“, sagt Hendrik Schmidt, der im Neuköllner Schulamt für Investitionen zuständig ist.

Jedoch ist noch nicht absehbar, wann gebaut wird. „Wir sind gerade in der Kostenermittlung angekommen, allein die Erbbaupacht steht noch nicht fest“, sagt Schmidt. Erst wenn der Liegenschaftsfonds, dem das Grundstück gehört, entschieden hat, wird eine Kalkulation möglich. Und dann müsse sich noch alles für den Investor rechnen, denn ein Zuschussgeschäft werde er kaum eingehen, betont Schmidt. Zudem wird ein neuer Bebauungsplan notwendig, da der Standort eindeutig als Schulgelände ausgewiesen ist. Deshalb rechne er mit keinem baldigen Baustart, so Wolfgang Borowski, Leiter des Stadtplanungsamtes. Dieses Tauschgeschäft wäre freilich für Berliner Schulen ein Novum und könnte zum Modell werden. In der Senatsschulverwaltung hegt man keine Bedenken gegen den Plan: „Das ist allein eine Angelegenheit des Bezirksamtes“, sagt Thomas John, Pressesprecher der Landesbehörde. In Berufsschulen, für die man ausschließlich zuständig sei, gebe es bislang eine solche Fremdinvestition nicht. Derzeit ist nach geltenden Bestimmungen nur das Anbringen von Werbung in der Schule zulässig - nur Tabak- und Alkoholreklame sind verboten. Mit den Einnahmen können aufwendige Schülerprojekte finanziert werden.

Schon einmal war die Walter-Gropius- Schule, die nach ihrem Architekten benannt wurde, Vorreiterin für neue Ideen. Kurz nach der Eröffnung des Schulbetriebs im Frühjahr 1968 wurde hier die erste Gesamtganztagsschule in Deutschland etabliert, ein Modell, das andere Einrichtungen bald übernahmen. Als im gleichen Jahr die Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule (GGG) hier ihren ersten Kongress durchführte, kamen Besucher aus ganz Europa, um sich von der damals neuen Schulform zu überzeugen. Vielleicht kommen in wenigen Jahren wieder Kollegen in die Fritz- Erler- Allee, um sich ein Bild von dieser völlig neuen Nutzungsmischung zu machen.

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