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Berlin: Zunächst Renovierung für einstellige Millionensumme nötig - Ausstellung erst im Jahr 2001

Begehrt zu werden, ist schön. Doch wenn man sich löst aus der stürmischen Umarmung, bleiben oft nicht nur wohlige Gefühle, sondern auch Blessuren zurück.

Begehrt zu werden, ist schön. Doch wenn man sich löst aus der stürmischen Umarmung, bleiben oft nicht nur wohlige Gefühle, sondern auch Blessuren zurück. So ähnlich verhält es sich mit dem Neubau des Jüdischen Museums Berlin von Daniel Libeskind. Die für Oktober 2000 avisierte Eröffnung des Hauses, das gab gestern Museumsdirektor Michael Blumenthal bekannt, muss auf das Jahr 2001 verschoben werden. Grund dafür ist der erfreuliche, aber gänzlich unerwartete Besucherandrang, dem das leere, durch seine skulpturale Architektur faszinierende Gebäude seit Februar dieses Jahres ausgesetzt und dem sie offenbar noch nicht gewachsen ist. Die technische Infrastruktur, insbesondere die Belüftungsanlage, muß überholt und in ihrer Kapazität den Besuchermassen angepaßt werden.

Zu rechnen, beteuert Blumenthal, war mit dieser Entwicklung nicht. Er selbst schätzt, dass inzwischen etwa jeder fünfte Berlin-Tourist in die Stadt komme, um den Libeskindbau zu sehen. Allein im Oktober sind fast 15 000 Menschen durch die leeren Räume geschlendert; in dieser Woche wird man den hunderttausendsten Gast seit Öffnung des Gebäudes begrüßen, und nach der eigentlichen Eröffnung rechnet man jährlich mit 500 000 bis 600 000 Besuchern. Konzipiert aber war der Museumsbau für sehr viel weniger Menschen. Tatsächlich, so präzisiert Blumenthal die grandiose Verschätzung, sei man ursprünglich von "ein paar Hundert Neugierigen pro Woche" ausgegangen.

Was die Kosten für die nun fällige Sanierung des Jüdischen Museums noch vor seiner Eröffnung als Ausstellungsstätte angeht, so rechnet Blumenthal mit einer Summe in einstelliger Millionen-Höhe. Wie und von wem dieser Betrag aufgebracht werden soll, steht allerdings noch nicht fest. Die grundlegende Finanzierung des Hauses von ca. 24 Millionen Mark, die sich Bund und Senat zu jeweils fünfzig Prozent teilen, sei davon nicht betroffen und gilt als gesichert. Im übrigen soll der Libeskindbau auch während der Umbauarbeiten geöffnet bleiben.

Im Jahr 2001 präsentiert das Jüdische Museum dann nicht nur, wie bisher für den Herbst 2000 geplant, das erste Segment seiner Dauerausstellung, welches die deutsch-jüdische Geschichte von 1848 bis 1919 behandelt. Es soll vielmehr schon die gesamte 2000jährige Geschichte berücksichtigen. Durch seine Partnerschaft mit dem New Yorker Leo-Baeck-Institut wird das Museum Berlin zu einem wissenschaftlichen Zentrum deutsch-jüdischer Studien machen.

Doris Meierhenrich

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