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Berlin: Zurück vom Bösen Ort

Eine Woche halfen 50 Freiwillige des Technischen Hilfswerkes in Brandenburg gegen die Elbflut. Jetzt wird ausgeschlafen

Das Schlimmste waren die Mücken und die Hitze – nicht das Wasser. „An das stinkende Wasser hatte man sich nach zwei Stunden gewöhnt.“ Eine Woche schleppte der Berliner THW-Mann Sebastian Thurau im Brandenburger Hochwassergebiet Sandsäcke. An einem Abschnitt der Elbe, den die Helfer erst einmal lange auf der Karte suchen mussten: „Böser Ort“. Der schien nicht von ungefähr zu kommen. Die Deiche wurden massiv vom Wasser bedrängt, die Elbe ändert dort fast rechtwinklig ihren Lauf. Am Sonnabend kam Thurau mit 50 weiteren Freiwilligen des Technischen Hilfswerkes zurück nach Berlin. Und alle sind erst einmal müde ins Bett gefallen. THW-Ortsgruppenleiter Patrick Rappich zögert mit der Antwort auf die Frage, was am schlimmsten gewesen sei. Die Müdigkeit und die Entfernung von Frau und Sohn, vielleicht. „Aber wir sind zurück, haben den Schlamm von den Autos gewaschen und konnten ins Bett fallen. Das können die Menschen nicht, die alles in der Flut verloren haben“, sagt der 31-jährige Rechtsanwalt.

Am Sonntag früh vor einer Woche waren Rappich und Thurau gestartet nach Perleberg. Wie bei allen Katastrophen waren zunächst ganz praktische Probleme zu lösen: Innerhalb von neun Stunden wurde eine zum Abriss vorgesehene NVA-Kaserne bewohnbar gemacht, provisorisch Strom und Wasser gelegt. „Dann ging es an den Deich“, sagt der 30-jährige THW-Zugführer Thurau. Immer acht Stunden schuften, acht Stunden Bereitschaft und acht Stunden schlafen. Einige nächtigten im Freien, so wohnlich war die Kaserne dann doch nicht geworden.

Die Berliner Helfer gehörten zu einer „schnellen Eingreiftruppe“, die immer dann losraste, wenn ein Deichläufer Risse oder aufgeweichte Stellen meldete. Schnell wurde der Computerfachmann zum Deichexperten: Sickert klares Wasser aus dem Deich, ist da nur ein Loch. Ist das Wasser jedoch schlammig, dann droht höchste Gefahr. „Dann löst sich der Deich von innen auf.“

Vor zehn Jahren kam Thurau zum THW, weil er nicht zur Bundeswehr wollte. Sechs Jahre musste er sich verpflichten, er blieb wie die meisten anderen dabei. Es sind Einsätze wie diese oder die Oderflut, eingestürzte Häuser oder auch die Suche nach vermissten Kindern, zu denen die Männer und Frauen des Hilfswerkes gerufen werden. 1200 Mitglieder hat das Berliner THW. Das am vergangenen Sonnabend geplante Fest zum 50. Geburtstag fiel buchstäblich ins Elbwasser; es soll nachgeholt werden. Kommende Woche rücken sie vermutlich wieder aus – in Richtung Elbdeich. Jörn Hasselmann

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