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Berlin: Zusammenstoß im U-Bahntunnel

Acht Verletzte bei Unglück am Kurt-Schumacher-Platz – stundenlange Bergungsarbeiten

Von Jörn Hasselmann

und Klaus Kurpjuweit

Beim Zusammenstoß von zwei U-Bahn-Zügen im Bahnhof Kurt-Schumacher-Platz der Linie U 6 sind gestern nach ersten Erkenntnissen acht Fahrgäste verletzt worden; sie mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Die meisten verletzten sich während der Bergung beim Sprung aus dem Zug auf das Schotterbett des Gleises. Der Fahrer eines der Züge erlitt ebenfalls einen Schock und kam ins Krankenhaus. Die Feuerwehr hatte Großalarm ausgelöst. Die Unfallursache ist noch nicht bekannt. Wahrscheinlich hatte ein Fahrer ein Rot zeigendes Signal ignoriert.

„Wir haben viel Glück gehabt, dass nicht mehr passiert ist“, hieß es bei der BVG. Nach ersten Erkenntnissen war kurz nach 13 Uhr ein unbesetzter Zug aus der Kehranlage des Bahnhofs gefahren, als auf dem Streckengleis ein Zug aus Richtung Alt-Tegel in den Bahnhof einfahren wollte. Normalerweise sind solche Fahrten durch Signale abgesichert. Zwischen den Bahnhöfen Kurt-Schumacher- Platz und Alt-Tegel finden derzeit aber wegen Bauarbeiten Pendelfahrten in beide Richtungen statt. Dabei muss der Fahrer planmäßig an einigen Rot zeigenden Signalen vorbeifahren. In diesen Fällen muss er die Fahrsperre abschalten, die den Zug bei Rot normalerweise bremst. Möglicherweise hatte der Fahrer auch an diesem Signal die Fahrsperre ausgeschaltet, was nach Angaben von U-Bahn-Betriebsleiter Kurt Beier an dieser Stelle nicht zulässig ist.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Kehranlage durch eine Mauer vom Streckengleis getrennt ist. Die Fahrer der in den Bahnhof fahrenden Züge können die Gleise der Kehranlage deshalb erst spät sehen. Trotzdem hatte der Fahrer des aus Alt-Tegel kommenden Zuges noch versucht, eine Notbremse vorzunehmen. Es war aber zu spät.

Kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof fuhr der Zug aus Alt-Tegel der aus der Kehranlage kommenden Bahn in die Seite. Der erste Wagen des Sechs-Wagen-Zuges erreichte noch den Bahnsteig, die anderen Waggons blieben im Tunnel stecken. Vier der insgesamt zwölf Waggons beider Züge entgleisten durch den Zusammenprall und krachten gegen die Tunnelwand. Beide Züge waren ineinander verkeilt. Die rund 80 Fahrgäste mussten den Zug durch den Tunnel verlassen. Die Bergungsarbeiten an den erheblich beschädigten, 30 Jahre alten Fahrzeugen sollten sich bis Betriebsschluss hinziehen. Im Berufsverkehr hatte die BVG einen Pendelverkehr zwischen Seestraße und Alt-Tegel eingerichtet. Durch den Großeinsatz der Feuerwehr war auch der Straßenverkehr erheblich behindert. Die Autoschlangen zogen sich dabei auch durch verkehrsberuhigte Straßen.

Das Sicherungssystem der U-Bahn gilt als besonders gut. Schwere Unfälle im Betrieb waren bisher die Ausnahme und jedes Mal auf menschliches Versagen zurückzuführen. Die größte Katastrophe ereignete sich am 26. September 1908 am Gleisdreieck, als ebenfalls ein Zug einem anderen in die Flanke fuhr. Ein Waggon stürzte von der Hochbahn in die Tiefe; 19 Menschen starben bei dem Unfall. Das Gleisdreieck wurde anschließend umgebaut. Ebenfalls menschliches Versagen führte 1965 zu einem Auffahrunfall zwischen den Bahnhöfen Zoo und Hansaplatz der Linie U 9. Dort hatte ein BVG-Mitarbeiter ein Rot zeigendes Signal auf Grün gestellt, weil er angenommen hatte, dass das Signal defekt sei. 1996 war ein Zug im Bahnhof Vinetastraße der U 2 auf einen abgestellten Zug geprallt, weil der Fahrer sich „verbremst“ hatte.

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