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Berlin: Zuschlag gegen Bares

Die Staatsanwaltschaft sieht in der Vergabe von Aufträgen ein Einfallstor für Korruption – sowohl bei Behörden als auch bei Privatfirmen

Die fünf wichtigsten Fälle von Bestechung in Berlin aus den vergangenen Jahren will der neue Leiter der Zentralstelle für Korruptionsbekämpfung nicht nennen. Stattdessen sagt Hans Jürgen Fätkinhäuer mit Nachdruck: „Die Schlacht wäre schon halb gewonnen, wenn man einen genaueren Blick auf die Vergabe von Aufträgen werfen würde.“ Denn obwohl öffentliche wie private Aufträge im Rahmen von Bieterverfahren erteilt und die Angebote in geschlossenen Couverts überreicht werden, sind Manipulationsversuche keine Seltenheit.

Darüber, wie viele es im vergangenen Jahr gab und welcher Schaden den Steuerzahlern dadurch entstanden ist, gibt es keine Statistiken. Nur so viel ist sicher: Im Jahr 2005 hat die Staatsanwaltschaft 421 neue Verfahren eröffnet, 13 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Andererseits ist Berlin ein Vorreiter bei der Bekämpfung der Korruption, erklären Justizsenatorin Karin Schubert und Generalstaatsanwalt Ralf Rother: Seit Einführung des Dreisäulenmodells lade sogar das Bundesministerium für Justiz die Berliner Verbrechensbekämpfer zu Vorträgen ein.

Eine der drei Säulen ist die Zentralstelle – die besteht aus einem Mann: Fätkinhäuer. Außerdem gibt es die „Spezialabteilung 23“ mit elf Staatsanwälten und eine Arbeitsgruppe unter Leitung der Justizverwaltung, an der sich Senats- und Bezirksbehörden beteiligen. Diese Kooperation soll sicherstellen, dass die Mitarbeiter in den Behörden mehr über die Strategien korrumpierender Firmen erfahren – und Hinweise weiterleiten können.

„Weil der Bestochene und der Bestechende in einem Boot sitzen, brauchen wir diese Hinweise dringend“, sagt Fätkinhäuer. Dies gelte in besonderem Maße bei der Manipulation von Ausschreibungen. Hier füttert der korrumpierende Teilnehmer am Wettbewerb den Beamten an, der die Vergabe leitet oder an deren Auswertung mitwirkt. Die Zuwendungen für den Beamten sind gut investiert: Denn dieser stellt sicher, dass der Teilnehmer den Auftrag bekommt. Dabei geht die verbrecherische Kooperation teilweise so weit, dass der Amtsmann den Preis in das Angebot persönlich einträgt.

Streit darüber, ob eine Vergabe öffentlicher Aufträge mit rechten Dingen verlaufen ist oder nicht, gab es in Berlin schon öfter. Zum Beispiel im Zusammenhang mit einem Neubau für die Technische Universität. Hier hatte eine Firma den Zuschlag erhalten, die mehrfach das eigene Angebot korrigieren durfte – was den Wettbewerbern dagegen verwehrt blieb. Die Ausschreibung musste wiederholt werden. In diesem Fall war k ein Mitarbeiter im Amt schuld an den dubiosen Vorgängen, sondern ein Dienstleister der Universität. Korruption beschränkt sich nicht auf die öffentliche Hand: „Privatfirmen sind davon ähnlich stark betroffen“, sagt Fätkinhäuer.

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