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Berlin: Zwangsehe: Haftstrafe für Mutter 13-jährige Tocher

für 10000 Euro verkauft

Die Mutter saß mit fremden Leuten im Wohnzimmer. Tara konnte nicht hören, was besprochen wurde. Als man sie rief, hieß es: „Du bist verlobt.“ Nur eine Woche später stand Tara als Braut neben einem Mann, den sie nicht kannte und nicht mochte. Ihre Mutter hatte sie für 10 000 Euro verkauft. Da war Tara 13 Jahre alt. Mehr als vier Jahre später saßen sich Mutter und Tochter gestern im Gerichtssaal gegenüber. Dort musste sich Milica B. wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes verantworten. Gestern wurde die 46-Jährige zu einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Ein Prozess nach einer Zwangsehe – für die Justiz eine Seltenheit. Das, was Tara (Name geändert) widerfahren ist, bleibt sonst meist im Verborgenen. Betroffen sind nicht nur Frauen mit islamischem Hintergrund. Taras Mutter ist Serbin. Sie habe ihre Tochter nach Roma-Sitte verheiratet, hieß es in der Anklage. Der Mutter sei bewusst gewesen, dass es nach der Hochzeit zum Geschlechtsverkehr des 18-jährigen Bräutigams mit dem Mädchen kommen würde. Tara rebellierte bald. „Ich bin nach einem Monat abgehauen“, sagte die heute 18-Jährige als Zeugin. Sie flüchtete zu ihrer Mutter. Auf Verständnis stieß sie nicht. „Die Leute kamen und holten mich zurück.“ Nach einem weiteren Monat aber schickte ihre Mutter die Polizei zur Familie des Mannes, weil Tara nicht zur Schule gehen durfte. „Ich nutzte das aus und ging mit“, sagte die Tochter. Sie ist inzwischen eine selbstbewusste junge Frau. Sie schilderte ihren Weg von Kriseneinrichtungen bis zu einem Mann, den sie schon lange liebt. Seine serbische Familie habe sie mit offenen Armen aufgenommen. Ohne Brautgeld. Der Richter fragte: „Verzeihen Sie Ihrer Mutter?“ Die Tochter antwortete : „So etwas kann man nicht verzeihen.“

Die Mutter hatte zugegeben, die Hochzeit eingefädelt zu haben. In ihrer Heimat in Serbien sei es üblich, Mädchen in dem Alter zu verheiraten. Milica B., eine vierfache Mutter, die seit über 25 Jahren in Deutschland lebt, will nicht gewusst haben, dass so etwas hier verboten ist. Geld habe sie genommen, um die Feier auszurichten. Das allerdings bezweifelten künftige Verwandte ihrer Tochter: „Familien mit vielen Töchtern sind reich.“ Bis zu 35 000 Euro würden als Brautgeld ausgehandelt.

Kerstin Gehrke

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