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Halbmond über Berlins Westen. Die neugebaute Moschee in der Brienner Straße.

© berlin.ahmadiyya.org

Zwanziger Jahre: Berlins erste Moschee zog auch Einstein an

Das muslimische Gotteshaus in Wilmersdorf öffnet sich - und empfängt prominente Gäste. Ein fiktiver Bericht vom Sonntag, dem 23. März 1929.

Anlässlich des Serienstarts von "Babylon Berlin" am 13. Oktober haben wir ein Gedankenexperiment gewagt und Artikel aus der damaligen Sicht verfasst. Dabei fiel uns auf: Viele Themen - Wohnungsnot, Ärger um den Flughafen, wilde Partynächte - stehen damals wie heute für Berlin.

Seit einem Jahr nun erfreut der Anblick dieses exotischen, prächtigen Baus die Augen der Berliner. Die Rede ist natürlich von der Wilmersdorfer Moschee in der Brienner Straße, die im März vergangenen Jahres die Pforten öffnete – nach vierjähriger Bauzeit. Der Vorbeter der Gemeinde, Imam Sadr ud-Din, will den Ort als Begegnungsstätte für Gläubige aller Konfessionen verstanden wissen: „Unsere Moschee wird, hoffe ich, von der Einheit Gottes und der Brüderlichkeit unter den Menschen eine beredte Sprache sprechen. Dieses Gotteshaus soll verkünden, dass es nur einen einzigen Gott über uns allen gibt, der zugleich der Gott aller Völker ist.“

Der Imam ist deshalb auch überzeugt, dass sich seine Glaubensrichtung in Berlin gut zu den anderen gesellen und auch neue Anhänger finden wird: „Der Islam ist nicht nur eine von den fünf großen Weltreligionen, sondern er ist die Religion der Menschheit schlechthin. Er gehört keinem besonderen Volke, auch keinem besonderen Lande zu“, sagt er.

"Christen, Juden und Freidenker sind willkommen"

Doch auch wer den Übertritt zum orientalischen Glauben nicht vollziehen möchte, dürfte an den Veranstaltungen der moslemischen Gemeinde Interesse finden. „Im Mittelpunkt unserer Zusammenkünfte stehen Vorträge, die über den Islam, seine religiöse und kulturelle Bedeutung und über Themen der vergleichenden Religionswissenschaft gehalten werden“, sagt der Schriftsteller Hugo Marcus, der in der Gemeinde die Geschäfte führt.

Und Marcus, der vom mosaischen Glauben zum Mohamedanertum konvertierte, verspricht: „Die Mitgliedschaft und der gastweise Besuch steht gleichfalls Angehörigen aller Bekenntnisse, aller Rassen und Klassen offen. Und Christen, Juden, Freidenker sind uns ebenso willkommen wie unsere moslemischen Brüder. Wir beschränken uns nach keiner Richtung.“

Auch Thomas Mann und Hermann Hesse waren schon zu Besuch

Viele Berliner sind der Einladung der Gemeinde bereits gefolgt und haben Veranstaltungen im moslemischen Gotteshaus besucht – unter ihnen so bekannte wie Albert Einstein, Martin Buber, Martin Niemöller, Thomas Mann und Hermann Hesse.

Von politischen Unterhaltungen jeder Art bittet die Moslemische Gemeinschaft abzusehen. Die Zusammenkünfte finden jeden ersten Freitag im Monat um 8.30 Uhr im Hause neben der Moschee, Brienner Straße 7, statt.

Zum Weiterlesen: Wohnungsnot in Groß-Berlin und die Gründung der BVG. Weitere Artikel zum Thema "Zwanziger Jahre in Berlin" finden Sie hier.

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