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Panorama über Berlin: Fernsehturm, Rotes Rathaus, Schloss-Kuppel - aufgenommen vom Dach des Auswärtigen Amtes.

© Kitty Kleist-Heinrich

Zwei Jahre Rot-Rot-Grün: Dieses Fazit zieht die Berliner Wirtschaft

Mehr Einsatz für Wohnungsbau, die Berliner Infrastruktur und Start-ups - das wünschen sich Wirtschaftsvertreter von der Koalition.

Wenn Jan Eder an die zurückliegenden zwei Jahre Berliner Koalition denkt, dann denkt er ans Reisen. Wohin die Reise allerdings geht oder ob es sich gar um eine odysseische Irrfahrt handelt, darüber scheint sich der Geschäftsführer der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) noch nicht abschließend sicher zu sein. „Auf einigen Streckenabschnitten geben ordentliche Leitplanken die Richtung vor: So zum Beispiel in der Industriepolitik“, lobt er – und nennt den geplanten Siemens-Innovationscampus als ein positives Beispiel. Der Konzern plant, insgesamt 600 Millionen Euro in das Projekt in Spandau zu investieren: Gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft sollen auf dem Areal moderne Forschung- und Bürokapazitäten entstehen und auch Wohnungen gebaut werden. Der Entscheidung zur Großinvestition ging ein monatelanges Werben des Senats um die Gunst des Konzerns voran.

Eder warnt aber, dass die wirtschaftspolitische Reise des Senats nicht immer zu derlei positiven Ergebnissen geführt habe. „Nicht selten endet die Berliner Fahrt auch in der Sackgasse: Ein zusätzlicher Feiertag, den die Stadt sich wirtschaftlich nicht leisten kann, die Behandlung von Investoren wie Google oder am Checkpoint Charlie sowie beim ungenügenden Bauen.“

„Die Konzentration des Senats auf den Altbaubestand ist grundfalsch“

Gerade mit dem letzten Punkt spricht der IHK-Chef wohl vielen Unternehmern aus dem Baugewerbe aus der Seele. Immer wieder hatten sie in den vergangenen Monaten über den großzügigen Einsatz des Senats von ordnungspolitischen Instrumenten wie Milieuschutz oder Vorkaufsrecht geklagt, um die Wohnungsnot zu bekämpfen.

„Die Konzentration des Senats auf den Altbaubestand ist grundfalsch“, sagt etwa Cihan Arin, Architekt und Prokurist des Wohnungsbauers Klarbau. Um die Wohnungsnot zu lösen, müsse die Senatsverwaltung endlich die Voraussetzungen für große Neubauprojekte in der Stadt schaffen. „Das ist in den vergangenen zwei Jahren leider nicht geschehen.“

Erschwert werde der Industrie der Wohnungsbau einerseits durch die Preisrallye beim Bauland – „Spekulationen auf Grund und Boden muss der Senat endlich ein Ende setzen“, fordert Arin deshalb. Andererseits erschwere der Gesetzgeber den Firmen den Bau durch immer neue Vorschriften und treibe damit die Kosten in die Höhe: „Wer in Berlin und Amsterdam das identische Gebäude baut, bezahlt in der niederländischen Hauptstadt 40 Prozent weniger“, rechnet Arin vor.

Doch nicht nur traditionelle Branchen wie die Bauindustrie sehen dringenden Handlungsbedarf für die verbleibende Legislaturperiode. Auch Berlins Gründerszene wünscht sich mehr politisches Engagement: „Der Senat tut viel zu wenig für das Wachstum der Berliner Start-up-Wirtschaft”, sagt Florian Nöll, Vorsitzender des Bundesverbands Deutsche Start-ups. „Wir sehen keine Ergebnisse in den wichtigsten Bereichen, die Start-ups am härtesten treffen: Eine englischsprachige Verwaltung ist nicht in Sicht, der Mangel an geeigneten Büroräumen im innerstädtischen Bereich wächst, einer besseren Versorgung mit schnellem Internet kommen wir nicht näher.“ Unter den gegebenen Rahmenbedingungen komme Berlin deshalb mittlerweile an einen Punkt, an dem das Wachstum gefährdet sei.

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