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Berlin: Zwei Minuten für die Menschen in London

Gestern um 13 Uhr hielten die Berliner inne – zur Erinnerung an die Opfer der Terroranschläge

Es ist kein geschäftiger Tag, kurz vor eins am Wittenbergplatz: Zwanzig Minuten vor den Gedenkminuten für die Opfer der Terroranschläge flüchten Männer in Anzughosen unter die Markisen der Bäckereiläden, um in ihre Mittags-Baguettes zu beißen. Jugendliche schwenken Wasserflaschen in den Händen. Der Sommer drückt auf Berlin, und Berlin schleicht.

An der Bushaltestelle Europacenter läuft „Wir gedenken der Opfer der Terroranschläge in London“ in einer Dauerschleife auf dem elektronischen Fahrplan der BVG. „Im Bus gab es eine Ansage, da habe ich von den Gedenkminuten gehört“ sagt Marion aus Hamm. Um eins soll für zwei Minuten geschwiegen, der Opfer gedacht werden. Weshalb dauert die „Gedenkminute“ doppelt so lange, wie ihr Name sagt? „Die britische Regierung veranlasste es so, und ganz Europa hat nachgezogen“ so Nina Schwarz von der Britischen Botschaft. Die Minister und der Bürgermeister von London hätten beschlossen, dass angesichts der Schwere der Anschläge zwei Minuten angemessen seien.

Drei Minuten lang läuten die Glocken der Gedächtniskirche, dann ist es 13 Uhr. Doch niemand hält inne: Autos hupen, an den Souvenirständen werden Sonnenbrillen ausprobiert. Die Verkäufer haben von den Gedenkminuten nichts gehört. In der Kiche hält Pfarrer Ralf Döbbeling die Mittagsandacht, er liest aus dem Kondolenzschreiben, das an den angelikanischen Erzbischof in London ging: Dass die Angst nicht um sich greifen soll, dass die Christen sich weiterhin für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen sollen. Es sind um die 30 Menschen in der Kirche, nicht mehr als sonst.

Ganz anders an der Britischen Botschaft in der Wilhelmstraße: Bauarbeiter unterbrechen ihre Arbeit, stehen neben dem Eingang, die Hände gefaltet, die Köpfe gesenkt. Zwanzig Menschen halten inne. Um zwei Minuten vor eins kommt ein Mann auf dem Fahrrad vorbei, er hat eine weiße Lilie dabei. Für die ist er durch halb Mitte geeilt, sagt er. Weil es „genau diese andächtige Blume“ sein sollte, im Gedenken an die Londoner Opfer, „seine Freunde“.

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