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Berlin: Zwei Werke des Neutöners im zweiwöchigen Abstand

Vermutlich hat es das noch nie irgendwo auf der Welt gegeben: Zwei große Schönberg-Opernpremieren in kaum zweiwöchigem Abstand in der selben Stadt - da erstarren selbst die hartnäckigsten Spielplan-Kritiker in Ehrfurcht. Auf des Zwölftonmeisters Zeitstück "Von heute auf morgen" an der Staatsoper (zusammen mit Elliot Carters "What next", noch einmal am 25.

Vermutlich hat es das noch nie irgendwo auf der Welt gegeben: Zwei große Schönberg-Opernpremieren in kaum zweiwöchigem Abstand in der selben Stadt - da erstarren selbst die hartnäckigsten Spielplan-Kritiker in Ehrfurcht. Auf des Zwölftonmeisters Zeitstück "Von heute auf morgen" an der Staatsoper (zusammen mit Elliot Carters "What next", noch einmal am 25. 9.) folgt jetzt Schönbergs unvollendetes opus summum "Moses und Aron" an der Deutschen Oper. Wie ernst Generalmusikdirektor Christian Thielemann die Einstudierung des Stückes nimmt, zeigen vor allem die beiden Voraufführungen, die der Premiere vorausgeschickt werden (25. u. 29. 9.). Eine Sitte, die man sonst nur von Musicals und Theaterstücken kennt, wo dann meist im Anschluss an diese Testdurchläufe noch etliche Nummern gestrafft oder zu schwache Gags eliminiert werden. Davon kann bei Schönberg wohl weniger die Rede sein: Weil das Werk aufgrund seiner Koplexität mehrere ungestörte Durchläufe zusätzlich zur Generalprobe erfordere, habe man sich, so die Deutsche Oper, entschlossen, diese als Voraufführungen zui reduzierten Eintrittspreisen anzubieten. Wer dabei allerdings auf ein publikumsfreundliches "Schönberg für alle"-Schnäppchen gehofft hatte, wird enttäuscht: Mit Preisen von 17 bis 92 Mark sind die beiden 85-Prozent-Schönberg-Termine nur minimal billiger als die 100-Prozent-Schönberg-Repertoireaufführungen (22-115 Mark).

Der Löwenanteil von Opernaufführungen wird in der kommenden Woche allerdings von der Staatsoper bestritten, die ansonsten eher wegen ihrer häufigen Schließtage gescholten wird. Neben dem Schönberg/Carter-Doppel zeigt das Haus im Rahmen seiner "What next"-Reihe mit Musiktheater des zwnzigsten Jahrhunderts noch zwei herausragende Produktionen: Debussys "Pelléas et Mélisande" in der Regie von Ruth Berghaus (30. 9.) und Bergs "Lulu" (24. u. 28. 9.), beide mit Michael Gielen am Pult der Staatskapelle. Gielen hatte schon die Premieren beider Inszenierungen dirigiert und hat für die "Lulu" auch diesmal in allen wichtigen Rollen die Besetzung der ersten Aufführungsserie zur Verfügung - die beste Gewähr dafür, dass die szenische Qualität der Inszenierung von Peter Mussbach erhalten bleibt. Vom inzwischen fast zehn Jahre alten Berghaus-"Pelléas" sind immerhin noch der Pelléas Roman Trekel und das Königspaar Armand Arapian und Barbara Bornemann dabei. Dennoch schien es bei der letzten Wiederaufnahme, als sei ein Teil des einstigen Zaubers der Inszenierung verflogen. Kommt er diesmal zurück?

Carl Maria von Webers komische Oper "Die drei Pintos" wird dagegen wohl kaum eine Chance haben, sich im Bühnenrepertoire festzusetzen - für deutsche komische Oper stehen die Zeitzeichen so schlecht, dass selbst einstige Kassenfüllerwie "Zar und Zimmermann" nur noch eine Aschenputtel-Existenz auf den Spielplänen führen. Die von Gustav Mahler vollendeten "Pintos" gibt es im Rahmen der Festwochen wenigstens konzertant in der Philharmonie(26. 9.), wenn auch in einer abgeänderten Version: Statt den Sängern zuzumuten, ihre Dialoge vom Blatt zu lesen, wird Klaus Geitel als Opernconferencier durch die Handlung führen. Dazu spielt das Deutsche Symphonie-Orchester, dem mit seinem ersten Gastdirigenten Marek Janowski schon eine Reihe solcher Wiederentdeckungen gelungen sind. Und für diejenigen, die auch das erstklassige Sängerensemble (unter anderen Janet Williams, Michaela Kaune und Thomas Mohr) noch nicht ausreichend verlockt, bleibt ein Benefiz-Zusatzanreiz: Von jeder verkauften Karte gehen fünf Mark an die Erdbebenopfer in der Türkei.

Jörg Königsdorf

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