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Berlin: Zwischen Alkohol und Visitenkarten

Zur Popkomm feiert sich die Musikbranche in zahlreichen Clubs selbst Und die Fans feiern ihre Idole – von Mousse T. bis Stereo MC’s und DJ Hell

Wenn sich gewöhnliche Geschäftsleute nach ihrem Messetag auf ein Bier verabreden, dann ist oft in den frühen Abendstunden Schluss. Bei der Popkomm ist das anders. Von 9 bis 20 Uhr dauert der Messetag, danach geht es in zahlreiche Clubs der Stadt um bis morgens zu feiern.

Am Donnerstag lud der Musikproduzent Mousse T. in die „Trompete“ in Tiergarten. Der Club am Lützowplatz gehört unter anderem dem Schauspieler Ben Becker . Wer schon am frühen Abend hinein wollte, musste entweder ein Bekannter des Gastgebers oder ein Vertreter der Musikindustrie sein. Erst um 22 Uhr standen die Türen der „Trompete“ für jedermann offen.

„Das Schönste an der Popkomm ist, dass ich hier alte Freunde treffe“, sagte Mousse T. und signierte eine CD nach der anderen. Die Gäste tranken viel Alkohol, verteilten aber auch fleißig Visitenkarten – die Popkomm ist eben nicht nur Party, sondern vor allem Messe. Eingeladen hatte Mousse T. im Namen seiner Plattenfirma Peppermint Jam. So ganz ohne Sponsoren kam das Label nicht aus: Überall stand Leuchtreklame von Computerherstellern, ein finnisches Online-Casino bot ein Black-Jack-Spiel im Innenhof. „Die Sponsoren stören mich nicht“, sagte Mousse T., „ich nutze diese Produkte ja selbst.“ Ab 22 Uhr sangen Künstler von Peppermint Jam. Emma Landford , Carl Keaton Jr . und Andrew Roachford wurden eigens aus England und den USA eingeflogen.

In der Kulturbrauerei im Prenzlauer Berg gab es gleich mehrere Partys und Konzerte. Zur spanischen Nacht spielten Stravaganzza , das Muchachito Bomb Inferno und das Rao Trio . Die Berliner Band El*ke rockte das Kesselhaus bis weit nach Mitternacht. Höhepunkt war der Auftritt von Knorkator : Mitten in einem der Industrial-Hardrock-Songs wurde Frontmann Gero von der Bühne getragen, statt seiner kam Frank Zander zurück. Während der ersten Takte von „Er gehört zu mir“ flog ein Toastbrot, aber Zander fand, er habe mit Knorkator „im Einklang“ gespielt. „Ich mache gerade eine Frischzellenkur“, sagte Zander. Er will sich verändern, will zurück zum Rock. Und sagt: „Leck’ mich am Arsch, ich mache, was mir Spaß macht. Und im Moment ist das ein harter Sound mit lauten Gitarrenriffs.“

Das Musikmagazin „Intro“ feierte im „Postbahnhof“ und im „Maria am Ufer“. Erst spielten die Editors ihr Set, eine musikalische Mischung aus Coldplay und Travis, später die Stars aus Kanada mit ähnlichem Sound. Aber immerhin sieht bei dieser Band der Bassist mal wieder so aus, wie Bassisten aussehen sollen: breites Kreuz, schwarzer Hut und Muskelshirt unterm ausgeleierten Sakko. Den Abschluss machten die Stereo MC’s mit Hits von ihrer neuen Platte – lässig-treibender Brit-Rock. Mitgefeiert haben DJ Dirk Schumeier und James Blunt . Ein paar Straßen weiter legte DJ Hell im „Weekend“ auf.

Am heutigen Freitag gibt es zum Finale Soul in der Staatsoper, Jazz und Hip-Hop in der Kulturbrauerei, Techno im Ewerk und mehr unter www.popkomm.de.

B.Hammer[C.H.Röfer]

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