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Überschattet: In den vergangenen zwei Jahren hat das Kabinett um den brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck viel durchgemacht.

© dapd

Zwischenbilanz: Was vom Platzeck-Kabinett übrig geblieben ist

Vor zwei Jahren wurde das rot-rote Kabinett von Ministerpräsident Matthias Platzeck vereidigt. Die Zwischenbilanz: Magere Erfolge, belastet durch Stasienthüllungen, die Krampnitz-Affäre, Rücktritte und andere Katastrophen. So sieht das Kabinett heute aus.

Matthias Platzeck (SPD), 57, Ministerpräsident

Der Beliebte. Fast neun Jahre regiert er Brandenburg, und es geht aufwärts mit dem Land. Dennoch erinnert Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der ohne Fortune startete, mit Personalien daneben lag und Affären auszusitzen versucht, inzwischen an seinen Vorgänger Manfred Stolpe in dessen letzten Jahren. Er ist viel unterwegs, präsent im Land, beliebt wie eh und je, oft „Präsident“, „Landesvater“. Als Parteivorsitzender setzt er mit „Brandenburg 2030“ Akzente für den nötigen Umbau des Landes – aber als Regierungschef wenig. Dort lässt er Führungsstärke vermissen.

Helmuth Markov (Linke), 59, Finanzminister und Platzecks Vize

Der Alleingänger. Er sollte der starke Mann der Linken sein: Doch Helmuth Markov, erster linker Finanzminister in Deutschland, hat mit seinem einsamen Agieren, seinem Führungsstil viel Porzellan zerschlagen, bis in Koalition und Kabinett hinein. Die Haushalte brachte er geräuscharm durch. Und es sind Sparetats, die man einem Linken nicht zugetraut hätte. Mit Altlasten seines Vorgängers Rainer Speer räumt er auf, ob in der Bodenreformaffäre oder jetzt bei Dienstwagenfahrten. Als Vizeregierungschef tritt er nicht auf. Eigentlich will Markov, wie er intern signalisierte, 2014 aufhören.

Dietmar Woidke (SPD), 50, Minister des Inneren

Das Talent. Er hat alle überrascht: Innenminister Dietmar Woidke (SPD) führt das Amt, das dem früheren Umweltminister und Exfraktionschef niemand zutraute, als wäre es für ihn maßgeschneidert. Er bewies Statur und Talent, indem er die hoch umstrittene Polizeireform durchzog, Kritik aufnahm und die Wogen glätten konnte. Er setzte als erster Innenminister eine konsequente Stasiüberprüfung bei Polizeiführern durch. Nach Anfangsreibereien scheint die Teamarbeit mit Staatssekretär Rudolf Zeeb zu funktionieren. Bei Kommunalreform und Verwaltungsumbau könnte er aber zulegen.

Ralf Christoffers (Linke), 55, Minister für Wirtschaft und Europa

Der Innovative. Von den Linken im Kabinett macht er nach außen noch die beste Figur. In der Wirtschaft wird er geschätzt. Die Stunde der Wahrheit für Wirtschaftsminister Ralf Christoffers kommt, wenn er Ende 2011 die Energiestrategie für das Land vorlegen, die Klimaschutzziele herunterschrauben wird – samt Ja zu neuen Braunkohlekraftwerken. Er lässt sich nicht vor ideologische Karren spannen, setzt Akzente – im Tourismus, bei der Innovationsstrategie mit Berlin, den reformierten Förderrichtlinien. Im Ministerium läuft es zwar nicht rund, doch dringt wenig nach draußen.

Martina Münch (SPD), 49, Ministerin für Bildung, Jugend und Sport

Die Ungeschickte. Gut verkaufen kann sie sich nicht. Wohl niemand verbindet mit SPD-Bildungsministerin Martina Münch, dass das Land 2000 neue Lehrer einstellt, so viel wie unter keinem ihrer Vorgänger, weit mehr als geplant. Stattdessen hat sich Münch, vorher für Kultur und Hochschulen zuständig, mit den Protesten gegen ihre Kürzungen bei den freien Schulen herumzuschlagen. Mit der verfrühten Ankündigung der Schließung der Förderschulen bis 2019, die sie inzwischen zurücknahm, unterlief Münch ein Kardinalfehler. Noch lässt sie eigene bildungspolitische Akzente vermissen.

Jörg Vogelsänger (SPD), 47, Minister für Infrastruktur und Agrar

Der Bodenständige. Ein Feingeist ist er nicht. Und mit rhetorischen Feuerwerken fällt SPD-Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger, der gutmütig-bedächtige Bodenständige im Kabinett, auch nicht auf. Sein Ressort samt Milliardenetat verwaltet er solide, mit einer gewissen Ausgebufftheit. Als Agrarminister nimmt man ihn kaum war, obwohl er selbst penibel auf Ausgewogenheit bei den Terminen achtet. Für den heiklen Flughafen Schönefeld samt Flugroutenfallen hält ihm Staatssekretär Rainer Bretschneider den Rücken frei. Strategische Akzente für den Landesumbau setzt er bisher nicht.

Sabine Kunst (parteilos), 56, Ministerin für Wissenschaft und Kultur

Die Blasse. Mit dem provinziellen Politikbetrieb im Land ist sie noch nicht warm: Wissenschafts- und Kulturministerin Sabine Kunst (parteilos), Expräsidentin der Uni Potsdam, hat keine Hausmacht und ist offenbar bei der Kärrnerarbeit angekommen: überall Baustellen, ob die zu reformierende Hochschulstruktur, Kultur- und Theaterförderung, leere Kassen für Denkmalpflege oder Streit um die jüdische Synagoge. In Brandenburgs Politik gibt es eine gewisse Ernüchterung, dass von ihr „nicht mehr kommt“. Ihre Feuertaufe wird die Umstrukturierung der Brandenburger Hochschulen sein.

Günter Baaske (SPD), 54, Minister für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie

Der Abwesende. Er ist irgendwie weg von der politischen Bühne: Arbeits- und Sozialminister Günter Baaske (SPD) hatte wohl genug zu tun, das Abrechnungsdesaster um die Landesagentur für Struktur und Arbeit (LASA) aufzuräumen, einen drohenden Verfall von EU-Millionen aus den Strukturfonds zu verhindern, was ihm am Ende auch gelang. Sonst kümmert er sich um seine Klientel, ist viel im Land unterwegs. Eigene Akzente in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sind nicht zu erkennen. Beim Vergabegesetz zum märkischen Mindestlohn zügelte er zu liberale Pläne des Linken Christoffers.

Anita Tack (Linke), 60, Ministerin für Umwelt, Gesundheit, Verbraucherschutz

Die ruhige Hand. Aus der Ruhe lässt sie sich nie bringen, ihr Ministerium hat die im politischen Geschäft routinierte Linke Anita Tack, zuständig für Umwelt, Gesundheit, Verbraucherschutz, im Griff. Nachdem sie mit der Nachhaltigkeitsstrategie ambitioniert startete, sich mit dem Wirtschaftsminister um erneuerbare Energien stritt, ist es allerdings ruhiger um sie geworden. Als strategisch kluge Verbraucherschutzministerin hat sich Tack bislang aber nicht profiliert. Die Umgestaltung der Verwaltung der Großschutzgebiete im Land, die auf eine Stiftung hinausläuft, lässt auf sich warten.

Volkmar Schöneburg (Linke), 53, Minister für Justiz

Der Konsequente. Viel Feind, viel Ehr: Die Kritik an Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) reißt nicht ab, weil er eine Stasiüberprüfung von Richtern ablehnt, die gegensätzliche Linie von Innenminister Woidke nicht übernehmen will. Andererseits hat er sich Anerkennung in der Justiz erworben, mit Klientelpolitik – etwa seiner Bestandsgarantie für die Amtsgerichte, einer Landeskinderbevorzugung bei der Besetzung von Posten. Für die halbleeren Gefängnisse im Land, die Berlin nicht mit Häftlingen füllen will, hat er noch kein Konzept. Sein Lieblingskind: ein Resozialisierungsgesetz.

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