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Zwischenfall in Regionalbahn: Schaffner beleidigt türkische Schüler

Am Montag vergangener Woche stieg eine Klasse aus Kreuzberg in einen Regionalzug. Einige Eltern hörten einen rassistischen Spruch eines Schaffners und riefen die Polizei. Die Deutsche Bahn erklärte, der Mitarbeiter werde befragt.

Erneut sind Kreuzberger Schüler in der Bahn offenbar zum Ziel rassistischer Pöbeleien geworden. Wie Eltern von Schülern einer neunten Klasse der Carl-von-Ossietzky-Oberschule berichten, war es in diesem Fall aber kein Fahrgast, sondern ein Bahnmitarbeiter, der sich abfällig über die Jugendlichen äußerte. Der Vorfall ereignete sich am Montag vergangener Woche auf dem Ostbahnhof. Die Jungen und Mädchen – fast alle mit türkischen Wurzeln – stiegen gerade in den Regionalexpress Richtung Brandenburg/Havel ein, als einige Eltern hörten, wie ein Zugbegleiter bei der Übergabe an seinen Kollegen sagte: „Da haste ’nen Zug voller Kanaken.“ Dabei habe er laut gelacht. „Wir trauten unseren Ohren nicht“, sagt Bülent C., einer der Väter.

Nachdem der Zug abgefahren war, wollten die Eltern den Schaffner zur Rede stellen. Der habe sich nicht äußern und weggehen wollen. Daraufhin seien sie ihm gefolgt, und C. habe die Polizei gerufen. Als die Beamten der Bundespolizei ankamen, hätten sie C.s Angaben zufolge erst die Eltern an die Seite gedrängt und die Polizisten hätten sich in einer Mauer vor ihnen aufgestellt. „Wir wurden aufgefordert, unsere Personalien bereitzuhalten. Man gab uns das Gefühl, dass wir die Schuldigen sind“, sagt C. dem Tagesspiegel. Der Bahn-Mitarbeiter sei beiseite genommen worden. C. will eine Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen. Die Schüler waren unterwegs zu einer antirassistischen Projektwoche auf Schloss Gollwitz, einer Begegnungsstätte für jüdische und nichtjüdische Jugendliche aus dem In- und Ausland.

Nach Auskunft der Bundespolizei laufen die Ermittlungen; zudem hat auch der Bahnmitarbeiter eine Anzeige gegen die Eltern gestellt, da er sich von ihnen bedroht fühlte. Zu den Vorwürfen gegen die Polizisten sagte ein Sprecher, man gehe aber zunächst davon aus, dass sich die Beamten korrekt und professionell verhalten haben. Erst wenn ein Beschwerde vorliege, könne man auch dieses Verhalten überprüfen.

Die Deutsche Bahn erklärte, dass sie den geschilderten Vorfall „sehr ernst“ nehme. Der Mitarbeiter werde befragt. Man versuche, umgehend den Sachverhalt intern aufzuklären. Man könne aber wegen des laufenden Verfahrens nichts weiter sagen. „Klar ist, dass wir rassistische Beleidigungen nicht dulden“, hieß es. Die Bahn verwies auf ihre Initiativen gegen Fremdenfeindlichkeit und Extremismus, zu denen Projekte wie „Bahn-Azubis gegen Hass und Gewalt“ gehören.

Laut „Reachout“, einer Beratungsstelle für Opfer rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Gewalt, geschieht es immer wieder, dass gerade Opfern mit Migrationshintergrund von Polizisten der Eindruck vermittelt werde, nicht ernst genommen zu werden. Sie fanden das Verhalten der Beamten respektlos.

Empörung rief Ende Februar ein rassistischer Vorfall hervor, als Kreuzberger Grundschüler in einer S-Bahn heftig beleidigt wurden und kein anderer Fahrgast einschritt. Ein Mann beschimpfte die Fünftklässler der E.-O.-Plauen-Grundschule mit Worten wie „Türkenpack ab nach Auschwitz“. Außerdem weigerte sich der Zugführer, den Zug auf dem Bahnhof Alexanderplatz stehen zu lassen, damit die Polizei den Mann festnehmen konnte. Die S-Bahn erklärte später, der Mitarbeiter könne sich nicht mehr daran erinnern, dass von rassistischen Beschimpfungen die Rede war.

Senatssprecher Richard Meng sprach damals von einem „unerträglichen Fall“. Innensenator Frank Henkel (CDU) sagte, Rassismus sei „ein schleichendes Gift, das wir schon im Ansatz bekämpfen müssen“.

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