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Berlin: Zwölf Stunden Kinderprogramm

An der Alfred-Adler-Grundschule in Marienfelde erleben die ersten 71 Kinder das neue Modell Ganztagsschule

Die vierte Stunde ist vorbei. Jetzt ist Zeit zum Ausruhen, Spielen und Hausaufgaben machen. Julien freut sich schon auf das Mittagessen. Um 13 Uhr ist es soweit, heute gibt es Hähnchenkeulen mit Bohnen und Kartoffeln. „Fleisch mit Kartoffeln esse ich am liebsten“, sagt der Sechsjährige. Als einer der ersten Ganztagsschüler besucht er die Alfred-Adler-Grundschule in Marienfelde, eine der neuen Ganztagsschulen in Berlin.

Gegessen wird vorerst in der Schulaula. Nach den Herbstferien soll die neue Mensa fertig sein. Doch noch gleicht alles einer Baustelle. „Ursprünglich wollten wir erst ein Jahr später mit dem Ganztagsbetrieb beginnen“, sagt Schulleiter Burkhard Ebel. Aber als im Mai vom Schulamt die Anfrage nach dem früheren Beginn kam, griff Ebel zu.

Für den Ausbau der Alfred-Adler-Grundschule sprachen auch die guten räumlichen Voraussetzungen. „Die Ganztagsschule kostet insgesamt 2,2 Millionen Euro, davon fließen zwei Millionen Euro in den Umbau“, sagt Roger Gapp, Planungsbeauftragter für das Schulamt Tempelhof-Schöneberg. Zehn Prozent der Baukosten trägt der Bezirk, 90 Prozent der Bund.

In den Genuss der neuen Schulform kommen in diesem Schuljahr nur die Kinder der Vorklassen und die Schüler aus zwei ersten Klassen – insgesamt 71 Schüler. „Voraussetzung für die Ganztagsschule ist mindestens eine erste Klasse“, erklärt der Schulleiter und Mathelehrer. Damit diese zustande kommen konnte, fragte er die Eltern der neuen Schüler bereits im Mai, ob sie an einer Ganztagsschule interessiert seien. Die Nachfrage war so groß, dass es zwei Klassen geworden sind. Wenn diese Schüler die sechste Klasse erreicht haben, wird an der Alfred-Adler-Grundschule jeder Jahrgang nach dem Ganztagsmodell unterrichtet.

Bei der gebundenen Ganztagsschule ist die Anwesenheit der Schüler von acht bis 16 Uhr Pflicht. Eine Frühbetreuung von sechs bis acht Uhr, Spätbetreuung von 16 bis 18 Uhr und ein Betreuungsangebot in den Ferien bietet die Schule zusätzlich an. Außerhalb der Kernschulzeit ist die Betreuung kostenpflichtig. Gefüllt werden die Schultage neben den Unterrichtszeiten mit so genannten gebundenen und ungebundenen Freizeiten. So können die Erstklässler vor und nach dem Essen in den ungebundenen Freizeiten auf dem Hof toben, spielen und bald auch schlafen, wenn die Matratzen angeschafft sind.

Die gebundene Freizeit von 14.20 Uhr bis 16 Uhr ist Pflichtprogramm für alle Ganztagsschüler. Am Mittwoch findet in dieser Zeit der Kunstunterricht statt, die anderen Nachmittage gestalten vier Erzieherinnen, die für den Ganztagsbetrieb zusätzlich eingestellt wurden. Sie haben viel vor: Hausaufgaben betreuen, Basteln, Töpfern, Computer-Arbeitsgemeinschaften, Tanz- und Sportangebote, Theatergruppen, Kochen und Backen. „Die Räumlichkeiten der Schule sind ideal, es gibt Kunsträume, eine Werkstatt, eine Bühne, eine Turnhalle und einen Sportplatz – hier ist viel mehr Platz als in einer Kindertagesstätte mit Hort“, sagt Erzieherin Carsta Schulz. Erzieherinnen und Klassenlehrerinnen planen eine enge Zusammenarbeit.

Ein Drittel der 30 Lehrer war anfangs wenig von der Perspektive Ganztagsschule begeistert. „Angst vor mehr Arbeit und Scheu vor Unbekanntem sprachen bei einigen dagegen“, berichtet der Schulleiter. Doch ein gemeinsamer Studientag in der Neuköllner Grundschule in der Köllnischen Heide, die bereits seit 1977 eine Ganztagsschule ist, überzeugte das Kollegium. „Die Atmosphäre ist friedlicher, weil man mehr Zeit füreinander hat“, sagt Schulleiter Ebel. Schulprobleme, die im Elternhaus zu Streit führen, können in der Schule gelöst werden, sozialer Umgang wird gestärkt, weil die Kinder nicht sich selbst überlassen sind.

Der 58-jährige Direktor will auch die Eltern einbeziehen. Da 35 Prozent der insgesamt 400 Schüler nichtdeutscher Herkunft sind, soll es nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Mütter Sprachförderunterricht geben. „Schulen müssen sich heute profilieren, sonst bleiben die Schüler weg. Ganztagsschulen bieten dafür viele Möglichkeiten“, sagt Schulleiter Ebel.

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