zum Hauptinhalt
Ein Ausschnitt aus den „Elgin Marbles“ im Britisch Museum in London

© mauritius images / Uwe Deffner / Alamy / Alamy Stock Photos / All mauritius images

Elgin Marbles als Scan: Eine Salomonische Lösung

Ein „Bildhauerroboter“ könnte millimetergenaue Repliken in alten Marmor hauen

Ein Kommentar von Rolf Brockschmidt

Man liest in diesen Tagen, dass das traditionsreiche British Museum in London womöglich doch den Forderungen der Griechischen Regierung nachgibt und die „Elgin-Marbles“ vom Parthenon in Athen zurückgibt. Damit könnte dieser lange Streit endlich beigelegt werden. Käme es wirklich dazu - was könnte an die Stelle der Marmore treten?

Bereits im Frühjahr diesen Jahres hatten britische Digital-Archäologen der Universität Oxford dem British Museum vorgeschlagen, die Elgin-Marbles zu scannen und mit den so gewonnenen Daten einen „Bildhauerroboter“ zu programmieren, der dann millimetergenaue Repliken aus dem gleichen 2500 Jahre alten Marmor hauen könnte, mit dem einst Phidias und seine Helfer die Originale gemeißelt hatten. Ein Laie würde Original und Replik nicht unterscheiden können. Selbst Fehler und Beschädigungen würden mit diesem Verfahren reproduziert, sodass die ursprüngliche Handschrift des Meisters erkennbar bliebe.

Als das British Museum damals den Vorschlag ablehnte, fotografierten die Archäologen heimlich mit Mobiltelefonen die Skulpturen. Das Sicherheitspersonal schritt nicht ein, aber als der Coup bekannt wurde, bekamen die Archäologen Hausverbot. Diese forderten dann einfach die Besucher auf, ihnen weitere Handyfotos von den Elgin-Marbles zu schicken. Sie haben mit diesem Aufruf wohl genug Material gesammelt.

Welch eine grandiose Idee und welch einfache Lösung. Wäre es jetzt nicht an der Zeit, die Idee dieser Archäologen-Gruppe aufzugreifen? Mit den millimetergenauen Repliken aus dem historischen Marmor bekäme man einen würdigen Ersatz für die Originale. Denn inzwischen weiß man, dass die edlen griechischen weißen Marmorstatuen in Wirklichkeit ziemlich bunt bemalt waren.

Man könnte also zukünftig die Originale mit ihrer Aura am historischen Standort in Athen besuchen, die Spuren der Geschichte lesen in dem Wissen, dass das Kunstwerk nun wieder so komplett ist, wie es ursprünglich einmal geschaffen wurde. In London könnte man die passgenauen Repliken in farbiger Rekonstruktion studieren und eine Vorstellung davon gewinnen, wie bunt es im alten Griechenland wirklich zuging, ohne die Originale anzugreifen.

Das wäre eine salomonische Lösung, die Länder verbindet, Streitigkeiten beendet und letztendlich einen pädagogischen Mehrwert schafft. Vielleicht bietet diese Technik der Oxforder Archäologen ja auch einen Weg, ähnlich gelagerte andere Streitigkeiten zu schlichten. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false