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Körner-Vielfalt

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Es müssen nicht immer Nudeln sein: Das große Körner-Lexikon

Sie sehen einander oft zum Verwechseln ähnlich, und wer kennt schon ihre Herkunft? Dabei quellen Quinoa, Couscous und Konsorten längst in unseren Töpfen. Eine kulinarische Typologie mit Inspirationen aus der Praxis.

AMARANT

Es ist ein bisschen gemein, eine Sache nicht darüber zu definieren, was sie ist – sondern darüber, was sie nicht ist. Amarant beispielsweise ist ein Pseudogetreide, was alles Mögliche sein kann, nur eben kein Getreide. Körnerfrüchte, die zwar zur Brotherstellung oder als Müslibeimischung genutzt werden können, nicht aber zur Gattung der Süßgräser (wie Weizen, Roggen oder Hafer) gehören, dürfen keinen Etikettenschwindel betreiben. Macht nichts, denn die Samen des Amarant, einer Pflanze aus der Familie der Fuchsschwanzgewächse, übertreffen im Nährstoffgehalt viele „echte“ Getreide bei Weitem. Den Azteken war Amarant sogar heilig – es soll ihnen mehr wert gewesen sein als Gold. Heutzutage ist es glücklicherweise günstig zu haben.

Das ist drin: kein Gluten, dafür viel Eiweiß, Eisen, Calcium, Magnesium, Ballaststoffe, Proteine.

So sieht’s aus: rund, sandfarben.

So schmeckt’s am besten: Nicole Just

beweist mit ihren Kochbüchern (gerade

erschienen: „La Veganista – Iss dich glücklich mit Superfoods“), dass Veganer weder hungern noch teure Pülverchen löffeln müssen. Just ist also keineswegs nur

„Körnerfresserin“, kennt sich aber mit den Dingern trotzdem gut aus. Ihr Tipp: Gekochter Amarant schmeckt besonders gut als

Salattopping oder als gepuffte Variante im Müsli.

BUCHWEIZEN

Wenn sich die Klitschko-Brüder in der Fernsehwerbung mit feuchten Augen an Blinis erinnern, huldigen die Boxer damit auch dem Buchweizen. Blinis, kleine Pfannkuchen, sind eine von vielen Varianten, wie man in Osteuropa den Buchweizen kredenzt. In China wird er seit 4600 Jahren angebaut und gern in Form von Buchweizennudeln oder -grütze gegessen. Erst im Zuge des Vollkorn-Hypes und der Gluten-Angst erlebt er auch hierzulande ein Comeback. Noch so ein Pseudo, weil aus der Familie der Knöterichgewächse.

Das ist drin: bis zu zehn Prozent Eiweißgehalt, viele Kohlenhydrate und wichtige

Aminosäuren. Für Diabetiker interessant, da er bei regelmäßigem Verzehr den Blutzuckerspiegel senken soll.

So sieht’s aus: dreieckige Körner;

ungeschält: bräunlich, geschält: gelblich.

Tipp von Nicole Just: Buchweizen passt zu süßen oder herzhaften Gerichten. Das Mehl ist eine glutenfreie Alternative zum Weizenmehl und verleiht Quiche- und Tarteböden einen nussigen Geschmack.

BULGUR

Die in der orientalischen Küche beliebten, gelben Körnchen werden aus Hartweizen gewonnen. Der wird eingeweicht, dann vorgekocht oder dampfgegart und nach dem Trocknen in unterschiedliche Feinheitsgrade gebrochen. Vor der Zubereitung muss Bulgur nur noch eingeweicht werden. Währenddessen kann man dann darüber nachgrübeln, was nun der Unterschied zu Couscous sein soll.

Das ist drin: reich an Ballaststoffen,

Eiweiß, Vitamin E und B-Vitaminen.

So sieht’s aus: feine, gelbe Körnchen.

Tipp von Nicole Just: Der Bulgur-Klassiker ist natürlich Taboulé, ein Salat aus viel gehackter Petersilie, Minze und den Hartweizenkörnern. Aber auch zum Frühstück passt Bulgur, etwa gemischt mit Kokosraspeln und Granatapfelkernen.

Heilende Salbe von innen

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COUSCOUS

Grieß aus Weizen, Gerste oder Hirse wird befeuchtet und zu Kügelchen zerrieben – so entsteht Couscous, ein Gericht aus der nordafrikanischen Küche. Während Bulgur aus gröber geschnittenem Hartweizen besteht, wird Couscous aus Grieß – also zerriebener Gerste, Hirse oder Weizen – hergestellt. Ambitionierte Köche in arabischen Ländern machen sich mitunter noch die Mühe, den Couscous selbst mit den Handflächen zu rollen. Faulere begnügen sich mit dem Instantprodukt: Das wird vor dem Verzehr gedämpft oder, wie Bulgur, in heißem Wasser eingeweicht. Fertig.

Das ist drin: Mineralstoffe, B-Vitamine, viele Ballaststoffe, wenig Fett.

So sieht’s aus: feine, gelbe Körnchen.

Tipp von Nicole Just: Wie Bulgur ist auch Couscous recht geschmacksneutral und kann deshalb gut für Süßspeisen verwendet werden – beispielsweise als Couscous-Puffer mit frischen Beeren.

DINKEL

Das erste deutsche Anbaugebiet war Schwaben, deshalb wird er auch „Schwabenkorn“ genannt. Hildegard von Bingen, Mystikerin des Mittelalters, bezeichnete den Dinkel als „heilende Salbe von innen“ und prophezeite: „Er bereitet dem, der ihn isst, rechtes Fleisch und rechtes Blut, und er macht frohen Sinn und Freude im Gemüt des Menschen.“ Ob er tatsächlich positiv aufs Gemüt schlägt, sei dahingestellt – sein hoher Gehalt an Kieselsäure soll immerhin das Denkvermögen fördern. In jedem Fall enthält Dinkel mehr Vitamine und Mineralstoffe als sein Verwandter, der Weizen. In gerösteter Form kann das Getreide auch zu Kaffee verarbeitet werden. Wird das Dinkelkorn halbreif geerntet, geröstet und getrocknet, entsteht ein weiterer Vertreter im Körner-Labyrinth: der Grünkern.

Das ist drin: viel Gluten und Eiweiß,

Kohlenhydrate und Ballaststoffe, Vitamine.

So sieht’s aus: reisähnlich, braun

Tipp von Nicole Just: Weil Dinkel eine herbe Note hat, ist er in ebenso herben Gerichten am allerbesten aufgehoben und verträgt auch starke Gewürze. In der Grünkern-Variante schmeckt er sehr herzhaft, weil er während der Verarbeitung geröstet wird, und eignet sich deshalb für Burger, vegetarische Bolognese oder Chili sin Carne.

GRAUPEN

Ihr Image konnten die geschälten und polierten Gersten- oder Weizenkörner noch immer nicht vollständig aufpolieren. In Kriegs- und Nachkriegszeiten wurden die Sattmacher so oft serviert, dass es ältere Semester beim Anblick der „Kälberzähne“ heute noch gruselt. Graupen aus ganzen Körnern werden auch als Roll- oder Kochgerste, die aus geschnittenen Körnern als Perlgraupen bezeichnet. Da sie geschält sind, lassen sich Graupen leicht verdauen, sind aber ärmer an Nährstoffen.

Das ist drin: viel Kohlenhydrate, wenig Fett.

So sieht’s aus: oval, sandfarben.

Tipp von Nicole Just: Graupen passen gut in ein rustikales Risotto mit Zwiebeln, Butternusskürbis oder Steckrüben, bestreut mit Petersilie und gerösteten Walnüssen.

Das perfekte Herbstessen.

Gwyneth Paltrow schwört darauf

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HIRSE

Sie gehört zur Familie der Süßgräser und gliedert sich in verschiedene Arten wie Fingerhirse, Kolbenhirse oder auch Teff, die Zwerghirse. Letztere wurde als glutenfreie Zutat schon von Schauspielerin Gwyneth Paltrow und Modedesignerin Victoria Beckham gepriesen – Grund genug für die Zeitschrift „Bunte“, eine ketzerische These aufzustellen: „Ist Teff das neue Quinoa?“ Nun mal nicht verrückt werden. Was Frau Paltrow weiß, wissen die Afrikaner schon seit 5000 Jahren: Teff ist, wie alle Hirsesorten, sehr gesund und leicht bekömmlich.

Das ist drin: Ein besonders hoher Anteil von Kieselsäure (Silizium), die förderlich für Haut, Nägel und Knochen sein soll. Viel Eisen, kein Gluten.

So sieht’s aus: klein, rund und gelb.

Teff: sehr klein, braun.

Tipp von Nicole Just: Eine schnelle Gemüsepfanne mit Hirse, Sojasauce, Ahornsirup und einem Spritzer Zitronensaft ist ein gesundes Blitzgericht. Teffmehl kann man ins Müsli mischen oder glutenfreie Schokoladenkekse damit backen. Oder beides.

QUINOA

Der Star unter den Pseudogetreiden: 2013 erklärte Ban Ki Moon, Generalsekretär der Vereinten Nationen, zum Jahr der Quinoa. Die Pflanze soll den Welthunger in Zeiten des Klimawandels stillen, da sie wenig Ansprüche an Boden und Wasser stellt, aber einen enorm hohen Nährwert hat. Das „Gold der Inka“ gehört, wie Amarant, zur Familie der Fuchsschwanzgewächse, sowohl die Blätter als auch die Samen sind zum Verzehr geeignet. Die Samen haben längst ihren Weg in die Sterneküche gefunden, sind in Müsliriegeln und Salaten enthalten oder werden als Beilage statt Reis verwendet. Das Quinoa-Jahr 2013 dauert offensichtlich noch an.

So sieht’s aus: senfkorngroß, rund,

sandfarben.

Das ist drin: Mit bis zu 22 Prozent Eiweißanteil gehört Quinoa zu den proteinreichsten pflanzlichen Nahrungsmitteln und enthält darüber hinaus viel Eisen, Magnesium, Kalzium und B-Vitamine. Es ist glutenfrei und verfügt über alle essenziellen Aminosäuren.

Tipp von Nicole Just: Quinoa hat einen recht starken Eigengeschmack, verträgt also

ordentlich Gewürze. Mit Kokosmilch,

Kirschen und Zimt wird es zur kerngesunden Grießbrei-Alternative.

Lydia Brakebusch

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