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Gemeinsam trauern: «Yastayiz» - Türkisch für «Wir trauern», steht zwischen zahlreichen Trauerkerzen in Illerkirchberg auf einem Schild geschrieben.

© dpa/Christoph Schmidt

Update

Tödlicher Messerangriff von Illerkirchberg: Hunderte nehmen an Beerdigung von 14-Jähriger teil

In Illerkirchberg bei Ulm hat ein Mann zwei Mädchen attackiert. Tatverdächtig ist ein 27-jähriger Eritreer. Am Mittwoch fand die Beerdigung der getöteten 14-Jährigen statt.

| Update:

Zwei Tage nach dem Angriff auf zwei Schülerinnen in Illerkirchberg bei Ulm, bei dem eines der Mädchen tödlich und eines schwer verletzt wurde, ist das getötete Mädchen, Ece Sarigül, beigesetzt worden. Es sind Polizisten am Friedhof gewesen, damit die Trauerfeier geordnet ablaufen kann, wie ein Polizeisprecher am Mittwoch mitteilte. Zahlreiche Menschen trauerten um die 14-Jährige.

Gegen den Verdächtigen wurde ein Haftbefehl erlassen. Dem 27-Jährigen wird nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft Mord sowie versuchter Mord vorgeworfen. Wie die Ermittler am Dienstag mitteilten, äußerte sich der Mann bei der Vorführung in der Klinik, in der er sich wegen eigener Verletzungen befindet, nicht zu den Vorwürfen.

Der 27-Jährige aus Eritrea sei nun in einem Justizvollzugskrankenhaus. Ein Polizeisprecher hatte zuvor gesagt, er habe sich vermutlich mit dem Messer verletzt. Der Mann war zuvor mit erheblichen Verletzungen unter polizeilicher Bewachung im Krankenhaus stundenlang operiert worden.

Der Mann soll am Montag zwei Mädchen auf dem Schulweg angegriffen und schwer verletzt haben. Eines der Opfer, ein 14-jähriges Mädchen, starb später in der Klinik. Die Obduktion ergab, dass die 14-Jährige nach Stichverletzungen verblutete. Die Polizei fand bei dem 27-Jährigen ein Messer, das als Tatwaffe in Betracht komme.

Der Verdächtige sei den Behörden bislang nie durch Gewaltdelikte aufgefallen, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft weiter. Er sei lediglich einmal als Schwarzfahrer erwischt worden und sonst nicht polizeibekannt.

Zweites Mädchen befindet sich im Krankenhaus

Der Mann aus Eritrea hatte am Montag nach bisherigen Erkenntnissen die zwei Mädchen auf dem Weg zur Schule in der Gemeinde Illerkirchberg bei Ulm auf der Straße vermutlich mit einem Messer angegriffen. Eine 14-Jährige musste noch am Tatort wiederbelebt werden, bevor sie in eine Klinik gebracht wurde. Dort starb sie Stunden später.

Das zweite angegriffene Mädchen habe seines Wissens nach die Nacht im Krankenhaus verbracht und sei medizinisch soweit versorgt, sagte der Sprecher weiter. Die 13-Jährige sei so schwer verletzt worden, dass in ihrem Fall gegebenenfalls auch der Verdacht des versuchten Mordes im Raum stehe. Ihre psychische Verfassung sei schwierig. Das Mädchen habe erfahren, dass seine Freundin getötet worden sei und es habe das Angebot einer Notfallseelsorge gegeben.

Angreifer kam offenbar aus benachbarter Asylbewerberunterkunft

Der Beschuldigte habe die Mädchen gegen 7.30 Uhr auf der Straße in einem Wohngebiet angegriffen, sagte ein Polizeisprecher. „Die 14-Jährige musste nach dem Angriff noch am Tatort wiederbelebt werden, bevor sie in die Klinik gebracht wurde, wo sie trotz aller ärztlichen Bemühungen verstarb“, teilten die Ermittler mit.

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Der Angreifer soll den Angaben zufolge aus einer benachbarten Asylbewerberunterkunft gekommen und nach der Tat wieder dorthin geflüchtet sein. Als die Polizei diese mit Spezialkräften durchsuchte, traf sie auf drei Bewohner. Während der verletzte 27-Jährige ins Krankenhaus gebracht worden sei, hätten die Beamten die beiden anderen Männer mit zur Dienststelle genommen. Der Verdacht gegen die beiden Männer habe sich nicht erhärtet, so dass man sie wieder auf freien Fuß habe setzen können.

Die Polizei bat in der Mitteilung darum, „keinen Generalverdacht gegen Fremde, Schutzsuchende oder Asylbewerber allgemein zu hegen oder solchem Verdacht Vorschub oder Unterstützung zu leisten“. Ihr sei bewusst, „dass Ereignisse dieser Art Ängste und Emotionen schüren“. AfD-Politiker wie die Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel wiederum thematisierten in Stellungnahmen genau diesen Aspekt.

Markierungen der Spurensicherung der Polizei sind an einem Tatort auf einem Weg angebracht.
Markierungen der Spurensicherung der Polizei sind an einem Tatort auf einem Weg angebracht.

© dpa/Bernd Weißbrod

Illerkirchberg ist eine Gemeinde im Süden von Ulm. Sie liegt im Alb-Donau-Kreis, unmittelbar an der Grenze zwischen Baden-Württemberg und Bayern. Knapp 5000 Menschen lebten hier Ende 2021.

Trauerfeier am Dienstagabend bewegte Menschen verschiedener Religionen

Fassungslosigkeit und tiefe Trauer haben am Dienstagabend die ökumenische Andacht für das in Illerkirchberg bei Ulm getötete Mädchen bestimmt. Es könne ein Trost sein, dass Menschen verschiedener Religionen, mit oder ohne Glauben, zusammen seien, sagte der evangelische Pfarrer Andreas Wündisch bei der Andacht.

„Yastayiz“ (Türkisch für „Wir trauern“) steht zwischen zahlreichen Trauerkerzen am Tatort auf einem Schild geschrieben.
„Yastayiz“ (Türkisch für „Wir trauern“) steht zwischen zahlreichen Trauerkerzen am Tatort auf einem Schild geschrieben.

© dpa/Christoph Schmidt

Auch die katholische Pastoralreferentin Adelheid Bläsi sagte, dass es im Beieinandersein der Menschen einen „Funken Trost“ geben könne. An der Andacht nahmen auch Vertreter der alevitischen Gemeinde teil, da das getötete Mädchen einen türkischen Migrationshintergrund hatte.

Die Tat habe die türkische Gemeinschaft stark verunsichert

Der türkische Botschafter hat eine lückenlose Aufklärung des Angriffs gefordert. Die Tat habe die türkische Gemeinschaft stark verunsichert, sagte Ahmet Basar Sen beim Besuch des Tatorts am Dienstag. Das getötete Mädchen habe die deutsche Staatsbürgerschaft besessen und einen türkischen Migrationshintergrund, hieß es aus dem Innenministerium.

„Wer ist das? Wer hat das gemacht? Wird es aufgeklärt?“ Diese Fragen müssten nun alle geklärt werden, der Botschafter sicherte seine Unterstützung bei den Ermittlungen zu.

Thomas Strobl (2.v.r., CDU), Innenminister von Baden-Württemberg, und Ahmet Basar Sen (4.v.r.) , Botschafter der Türkei in Deutschland, stehen am Tatort eines Messerangriffs auf zwei Mädchen bei einer Schweigeminute vor niedergelegten Blumen und Kerzen.
Thomas Strobl (2.v.r., CDU), Innenminister von Baden-Württemberg, und Ahmet Basar Sen (4.v.r.) , Botschafter der Türkei in Deutschland, stehen am Tatort eines Messerangriffs auf zwei Mädchen bei einer Schweigeminute vor niedergelegten Blumen und Kerzen.

© dpa/Bernd Weißbrod

Der Botschafter besuchte am Dienstagmorgen nach eigenen Angaben die Familie des gestorbenen Mädchens. Er habe den Eltern die Anteilnahme der türkischen Gemeinschaft ausgesprochen, sagte Ahmet Basar Sen. Der Angriff sei ein Schock für alle.

Politiker warnen vor voreiligen Schlussfolgerungen

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wendet sich gegen voreilige Schlussfolgerungen. Er könne nur warnen, irgendwelche Zusammenhänge zur Flüchtlingspolitik herzustellen, bevor die Tat wirklich aufgeklärt sei, sagte Kretschmann am Dienstag in Stuttgart. „Wir wissen über die Motive des vermutlichen Täters zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt nichts“, sagte er.

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„Wir werden diese schlimme Tat restlos aufklären“, kündigte der baden-württembergische Innenminister und Vizeregierungschef Thomas Strobl (CDU) an. „Diese Tat rührt uns zutiefst, wenn das Leben eines unschuldigen Kindes so brutal ausgelöscht wird“, teilte er mit.

Auf die Herkunft des Tatverdächtigen ging Strobl in der Erklärung nicht ein. Die Hintergründe der Tat, insbesondere die Motivlage, seien bis zur Stunde unklar, sagte Strobl am Dienstag bei einem Besuch am Tatort. Weiter sagte er: „Ich möchte an dieser Stelle freilich sehr deutlich sagen: Wir haben keinerlei Erkenntnisse auf eine politische oder religiöse Motivation dieser Straftat.“

„In Gedanken sind wir in diesen schweren Stunden bei den Eltern, der Familie, den Hinterbliebenen der Getöteten sowie bei den Mitschülerinnen und Mitschülern und Freunden des jungen Mädchens.“ Am Dienstagmorgen gedachte das grün-schwarze Kabinett in Baden-Württemberg der beiden Opfer. Strobl brachte seine Kolleginnen und Kollegen auf den neuesten Stand der Ermittlungen.

Diese Tat rührt uns zutiefst, wenn das Leben eines unschuldigen Kindes so brutal ausgelöscht wird.

Thomas Strobl, Innenminister Baden-Württemberg

Der SWR zitierte Bürgermeister Markus Häußler, die Gemeinde stehe unter Schock. Man werde den betroffenen Familien zur Seite stehen. Laut der „Südwest Presse“ war er den ganzen Morgen am Tatort gewesen. „Es ist furchtbar“, sagte er der örtlichen Zeitung.

Die baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) sagte: „Ich bin fassungslos.“ Die Tat sei „absolut schrecklich und hat mich zutiefst schockiert. Meine Gedanken sind bei den Familien und den Angehörigen“. Ähnlich äußerte sich der baden-württembergische CDU-Fraktionschef Manuel Hagel via Twitter. Die grausame Tat müsse schnellstens aufgeklärt werden.

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Karin Prien (CDU), erklärte: „Meine Gedanken sind bei der Familie der getöteten Schülerin.“ Der verletzten Schülerin wünsche sie eine schnelle Genesung sowie den Mitschülerinnen und Mitschülern der beiden Opfer viel Kraft.

Den Tatort selbst hatten die Einsatzkräfte nach dem Vorfall mit rot-weiß-gestreiftem Flatterband abgesperrt. Zur Spurensicherung waren Menschen in Ganzkörper-Schutzanzügen vor Ort. Am Ende blieben Markierungen am Boden und an einer Mauer entlang der Straße. (dpa,epd)

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