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Gesellschaft: Angela Merkel beeindruckt mich

Andrew Cooper, 24, Praktikant australische Botschaft.

Erst hat es mich beim täglichen Studium der Zeitungen in der Botschaft gewundert, dass in Deutschland viel intensiver über die NSA-Affäre berichtet wurde als in Australien. Dann habe ich irgendwann verstanden, dass das Unbehagen gegenüber Überwachung aufgrund der Stasi tief in der deutschen Geschichte verankert ist. Merkel hat die Spionage aber auch heruntergespielt, bis klar war, dass auch ihr Handy angezapft wurde. Dennoch beeindruckt mich die deutsche Kanzlerin. Sie kämpft nur die Schlachten, die sie auch gewinnen kann. Mein Eindruck während der Koalitionsverhandlungen war, dass sie die Politiker heillos durcheinanderreden lässt und danach mit Bestimmtheit ihre Entscheidung trifft und so ihre Macht sichert. In Australien interessiert man sich momentan für mehrere deutsche Themen: die Energiewende, die Autoindustrie und die anstehende Berlinale, bei der immer auch Filme aus meiner Heimat gezeigt werden. Viele Australier aus meinem Bekanntenkreis verlieben sich wegen des vielfältigen Nachtlebens in Berlin. Wenn das Visum ausläuft und die Ersparnisse langsam zur Neige gehen, ist die Romanze aber meist vorbei. Denn einen Job finden die meisten meiner Landsleute hier nicht. Und schlecht bezahlte Praktika machen Australier in der Regel nicht, weil es diese Praxis bei uns nicht gibt. Auch ich muss Ende Februar wieder zurück nach Australien, um Arbeit zu suchen. Schaffe ich es, bei einem großen Unternehmen unterzukommen, werde ich später aber eher nach Asien geschickt als nach Europa. Das ist schade für mein Deutsch, über das hier alle meine Freunde so gerne lachen.

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