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Notfallbetten im Bundeswehrzentralkrankenhaus in Koblenz.

© dpa/Thomas Frey

Update

Anstieg der Sterbefall-Meldungen Ende März: Statistiker vermuten Zusammenhang mit Covid-19

In anderen Ländern liegen die Todeszahlen deutlich über denen der Vorjahre. In Deutschland war bisher kein Anstieg durch die Corona-Pandemie zu erkennen. Nun jedoch deutet das Statistische Bundesamt neue Zahlen in diese Richtung.

Von Jonas Bickelmann

Die ursachenunabhängigen Todesfallmeldungen in Deutschland weisen erstmals seit Beginn der Pandemie einen ungewöhnlichen Anstieg auf. Das geht aus aktuellen Zahlen zur Woche bis zum 5. April hervor, die das Statistische Bundesamt veröffentlicht hat. In diesen Zahlen werden alle Sterbefälle in Deutschland erfasst, nicht nur die an Covid-19 Gestorbenen.

19.986 Menschen sind demnach in der Woche gestorben. „Da die Grippewelle 2020 seit Mitte März als beendet gilt, ist es naheliegend, dass diese vergleichsweise hohen Werte in einem Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen“, schreibt das Amt in einer Mitteilung. Normalerweise würden die Sterbefallzahlen zu dieser Jahreszeit tendenziell zurückgehen.

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Der Vergleich mit den vergangenen Jahren zeigt, dass 2016, 2017 und 2019 weniger Menschen in der entsprechenden Woche starben als in diesem Jahr. 2018 gab es in der 14. Kalenderwoche eine etwas höhere Anzahl von Toten. In dem Jahr fiel die Grippewelle ungewöhnlich heftig aus, sodass insgesamt mehr Menschen in den ersten Wochen starben. Auch deutlich mehr als bisher in der Corona-Pandemie verstorben sind. Die Werte sind kaum vergleichbar, weil es 2018 nicht so tiefgreifende Gegenmaßnahme wie derzeit gab.

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In keinem der Vorjahre allerdings stieg die Kurve in Kalenderwoche 14 so stark an wie 2020. Der Vergleich mit den Zahlen aus England und Wales zeigt, dass der Anstieg hierzulande dennoch sehr schwach ausfällt.

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Vorläufige Zahlen, um das Virus zu verstehen

Die deutschen Zahlen hat das Statistikamt schneller als üblich veröffentlicht, um sie auf Effekte durch das Coronavirus untersuchen zu können. Die Werte wurden deshalb noch nicht so umfassend geprüft, wie das sonst üblich ist. Außerdem liegen nur die Sterbefall-Meldungen bis zum 5. April 2020 vor. Für die Wochen danach, haben wir noch keine Daten. Die britischen Zahlen sind zwei Wochen aktueller.

Betrachtungen der Todesmeldungen aller Ursachen sind wichtig, weil nicht bekannt ist, wie viele Menschen an Covid-19 sterben, ohne dass dies als Todesursache auch festgestellt wurde. In anderen Ländern und Regionen sind die ursachenunabhängigen Todesfallzahlen dramatisch über das Mittel der letzten Jahre erhöht.

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Sechsfach erhöhte Todeszahlen in New York City

Die New York Times hat beispielsweise berechnet, dass in Spanien über 26.000 Menschen mehr gestorben sind, als sonst zu erwarten wäre. Nur etwa 17.000 wurden allerdings als Corona-Todesopfer erfasst.

In New York City ist die Anzahl der Todesfälle um das Sechsfache erhöht. Das heißt aber nicht, dass alle von ihnen an Covid-19-Infektionen starben. Todesfälle durch überlastete Krankenhäuser oder andere Folgen des Ausnahmezustands sind ebenfalls in den Zahlen enthalten.

Was ist „Übersterblichkeit“?

Nicht immer, wenn die Todesfallmeldungen ansteigen, ist das eine sogenannte „Übersterblichkeit“. Dabei handelt es sich um eine im Vergleich zum langjährigen Mittel erhöhte Todesfallzahl in der Gesamtbevölkerung.  Die aktuellen Zahlen sind nur ein erster Hinweis, dass es in Deutschland eine solche Übersterblichkeit geben könnte.

Sollte sie abschließend nachgewiesen werden, wäre das ein deutlicher Hinweis, dass das Coronavirus eine neue massive Bedrohung darstellt. Es würde jene widerlegen, die davon ausgehen, dass das neuartige Virus fast nur für Menschen tödlich ist, die ohnehin schon so krank waren, dass sie bald an etwas anderem gestorben wären.

Was kann die Übersterblichkeit und damit die Aussagekraft beeinflussen? Werden Maßnahmen ergriffen oder Vorkehrungen getroffen, die die Sterblichkeit etwa aufgrund eines neuen Erregers wie Sars-CoV-2 senken sollen, kann es sein, dass sie bezüglich genau dieses Ziels erfolgreich sind.

Es kann aber auch sein, dass sie auch andere Tode, die sonst zu verzeichnen gewesen wären, verhindern, etwa dadurch, dass sie Ansteckungen mit Grippeviren verhindern oder aufgrund eines Lockdowns dazu beitragen, dass es weniger tödliche Unfälle gibt. Wie wir bereits sehen, endete die Grippewelle 2020 in Deutschland erstaunlich schnell und früh.

Die Folge kann dann sein, dass man keine oder kaum eine Übersterbichkeit feststellt - also in etwa in einem bestimmten Zeitraum fast genauso viele Menschen sterben wie in Vergleichszeiträumen der Vorjahre. Die genannten Faktoren können aber die vielleicht trotzdem vorhandene tatsächliche Bedrohung „maskieren“.
[Transparenzhinweis: Eine frühere Überschrift dieses Artikels lautete „Ungewöhnlicher Anstieg der Sterbefall-Meldungen“. Mehrere Leserinnen und Leser kritisierten diese Formulierung. Daher wurde sie angepasst.]

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