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Der Auftragsmörder „Popeye“ bei einem Treffen 2017 in Medellín.

© Georg Ismar

Auftragskiller „Popeye“ ist tot: Nachruf auf Escobars „Mörder des Vertrauens“

Er tötete hunderte Menschen - schnell und ohne Skrupel. Jetzt hat der Krebs ihn getötet. Ein Nachruf.

Jhon Jairo Velásquez, genannt „Popeye“ war ein Mann mit besten Manieren, höflich und sehr pünktlich. Der Händedruck fest, auf beiden Armen stand eintätowiert: „El General de la Mafia.“

Bei einem Treffen im März 2017 ging er durch die Lobby eines Hotels in Medellín, Geschäftsmänner unterbrachen ihre Gespräche, erhoben sich und nickten ihm zu. Auf dem Weg nach draußen zu einem Tisch am Pool, bat eine junge Frau um ein Selfie mit dem bekanntesten Auftragskiller Kolumbiens. „Popeye“ nahm sie in den Schwitzkasten und grinste.

Eine der ersten Fragen an ihn lautete damals: „Wie erschießt man einen Menschen?“ „Popeye“ nippte am frischgepressten Orangensaft, formte aus Zeigefinger und Daumen eine Pistole, drückte den Zeigefinger auf die Mitte der Stirn des Interviewers und machte ein Klick-Geräusch. „Peng, ein Schuss reicht, er muss nur gut aufgesetzt sein.“

Blitzschnell hat er so Gegner überrascht, im Gespräch plötzlich die Pistole gezückt und kurzen Prozess gemacht. Er ließ auf Befehl von Drogenboss Pablo Escobar sogar seine eigene Geliebte ermorden, sie soll als Spionin für das Cali-Kartell gearbeitet haben. „Popeye“ ließ sie in eine Bar kommen und rief dort an. Als sie zum Telefon ging, wurde ihr von Komplizen in den Kopf geschossen.

Er war an 3000 Mordaufträgen beteiligt

Mehr als 250 Menschen tötete er selbst, an 3000 Mordaufträgen war er beteiligt, er nannte sich Escobars „Mörder des Vertrauens“. „Wir ließen 250 Bomben im Land hochgehen, haben 540 Polizisten getötet und 800 verletzt“, sagte er beim Treffen 2017 in Medellín. Auf den Einwand, dass ein solcher Mörder in Deutschland nicht so hofiert würde, auch wenn er 23 Jahre und drei Monate im Gefängnis abgesessen hat, entgegnete er: „Esto es el trópico.“

Auf gut Deutsch: So ist das im heißen Kolumbien. Er war ein Grenzgänger. Netflix drehte eine Serie über ihn, er prahlte mit seinen Verbrechen – und vermarktete sie. 1989 hatte er auch den Anschlag auf ein Avianca-Flugzeug mit 110 Toten mitorganisiert.

1992 stellte er sich. Nachdem er drei Fünftel der Strafe abgesessen hatte, wurde er 2014 auf Bewährung entlassen, auch weil er über Hintermänner auspackte. Seit 2018 saß er wegen Verbrechen wie Erpressung wieder ein. Nun ist er im Alter von 57 Jahren gestorben. Wo er zeitlebens dem Tod durch eine Kugel ausweichen konnte, hat ihn der Krebs besiegt – „Popeye“ starb, streng bewacht, in einer Klinik in Bogotá.

Er hatte damals beim Interview gesagt: „Dem Banditen stehen letztlich nur drei Türen offen: das Gefängnis, das Krankenhaus oder der Friedhof.“

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