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Der Rapper und Autor Ben Salomo.

© Mike Wolff

Ben Salomo über seinen Ausstieg: „Deutscher Rap ist so antisemitisch wie Rechtsrock“

Ben Salomo war in der Berliner Hip-Hop-Szene eine feste Größe. Vor zwei Jahren kehrte er ihr wegen anhaltender antisemitischer Äußerungen den Rücken

Zur Person

  • Ben Salomo wurde 1977 in der rund 20 Kilometer südlich von Tel Aviv gelegenen israelischen Stadt Rechovot geboren.
  • Mit bürgerlichem Namen heißt Ben Salomo Jonathan Kalmanovich.
  • Die Familie seines Vaters stammt aus Rumänien, seine Mutter wurde in der Ukraine geboren.
  • Als Salomo vier Jahre alt war, zog die Familie nach Berlin. Mit seiner jüngeren Schwester wuchs Salomo in Schöneberg auf.
  • Im November 2016 veröffentlichte er sein erstes Soloalbum mit dem Titel „Es gibt nur Einen“.
  • Seine Bar Mitzwa feierte er in der Synagoge an der Joachimsthaler Straße. Damals erhielt er den hebräischen Zunamen Ben Salomo, Sohn des Salomo.
  • Ben Salomo lebt bis heute in Schöneberg und ist Vater einer Tochter, Yael.

Herr Salomo, vor zwei Jahren sind Sie aus der Rap-Szene ausgestiegen. Warum?
Weil es mir zu viel wurde. Antisemitismus war schon immer ein Problem gewesen. Man konnte sich mit judenfeindlichen Sprüchen profilieren und musste nie mit Konsequenzen rechnen. Das Klima hinter den Kulissen war irgendwann so vergiftet, dass ich es nicht mehr ausgehalten habe. Teilweise haben sich Leute in der Szene ganz offen gegen mich gestellt nach dem Motto: „Geh da nicht hin, das ist eine Judenveranstaltung.“ Nachdem meine Tochter geboren wurde, war mir irgendwann klar, dass ich keine Lust mehr habe.

Die Hip-Hop-Szene ist dafür bekannt, schwulen- und frauenfeindliche Klischees zu bedienen. Manche verteidigen dies damit, dass dies als Kunstform respektiert werden sollte. Sehen Sie das ähnlich?
Das perfide daran ist, dass sich viele hinter den Kulissen durchaus kritisch über die Ausdrucksweise äußern. Wenn man den Leuten auf den Zahn fühlt, würden sich viele von den beispielsweise frauenfeindlichen Texten distanzieren. Von antisemitischen Äußerungen wiederum nicht. Das ist in der Szene breit akzeptiert und wird praktisch nicht widersprochen. Diese fehlende Solidarität war auch das, was mich zu meinem Ausstieg bewogen hat. Da kommen dann Leute an und sagen, dass sie sich lieber raushalten wollen. Nach dem Motto „Klärt das mal lieber untereinander.“ Die Rap-Szene ist in Teilen so antisemitisch wie der Rechtsrock.

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Können die Zuhörer das trennen? Kann eine antisemitische Äußerung auch innerhalb der Szenekultur interpretiert werden?
Nein. Die meisten Fans sind sehr jung, teilweise unter zehn Jahre. Die können das nicht voneinander trennen und kriegen das Vorurteil frisch serviert. Ein älterer Zuschauer kann das vielleicht reflektieren und in Kontext setzen zur Szenesprache. Aber so wird Antisemitismus reproduziert und weitervererbt.

Was müsste innerhalb der Szene passieren, um Antisemitismus einzudämmen?
Innerhalb der Szene ist es praktisch unmöglich. Sie reflektiert letztendlich nur die Gesellschaft, in der wir leben. Und wenn die Gesellschaft in Teilen antisemitisch ist, dann wird es die Szene auch bleiben. Wir müssen alle wachsamer und sensibler für das Thema werden.

Solange die Industrie mit Gangster-Rap und antisemitischen Sprüchen weiter Geld verdient, wird es da wenig Bewegung geben, das zu ändern. Vielleicht bräuchte es mehr Aufmerksamkeit für Künstler, die solche Sprache konsequent umgehen und vermeiden. Solange in der Rapszene und in ihrer Fanbase eine breite Zustimmung herrscht für antisemitische Verschwörungslegenden und Israelfeindschaft, solange wird sich auch nichts daran ändern, dass Rapper diese Ansichten reproduzieren.

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