zum Hauptinhalt
Mit seiner Fellfärbung gut getarnt im Urwald: der Nebelparder.

© Illustration: Andree Volkmann

Berliner Schnauzen (64): Der Nebelparder

Diese Raubkatze ist zwar kleiner als ein Leopard, aber trotzdem dem Säbelzahntiger ähnlich: Der Nebelparder hat die größten Eckzähne einer Katze - im Verhältnis zu ihrer Größe.

Kinsha maunzt. Jammervoll gurgelnde, lang gezogene Schreie erfüllen das Alfred-Brehm-Haus. Das Nebelparderweibchen verzehrt sich nach ihrem Gatten. Einmal am Tag muss Kinsha von ihm getrennt werden, weil Quezon ungern teilt, sagt Raubtierpfleger Detlef Jany. Seiner Partnerin und dem gemeinsamen Sohn würde Quezon sonst alles wegfressen.

Der Nepelparder ist die kleinste Großkatze der Erde, er ist knapp 40 Zentimeter groß, hat relativ kurze Beine, dafür aber einen bis zu 90 Zentimeter langen Schwanz. Und: Kinshas Eckzähne, mit denen sie gerade ein beachtliches Stück Rind zerfleischt, sind so groß wie die des Säbelzahntigers. Also, relativ gesehen. „Es gibt Raubkatzen mit längeren Eckzähnen, aber im Verhältnis zur Größe sind Nebelparder ganz vorn“, sagt Jany. Fünf Zentimeter lang sind die Zähne, messerscharf und im Moment ziemlich blutverschmiert.

Nach dem Mahl springt Kinsha geschmeidig auf ihren Baumstamm. Auf Bäumen verbringen die Tiere die meiste Zeit auch in freier Wildbahn. Sie bleiben so unauffällig, unentdeckt, Forscher bekommen sie selten zu Gesicht. Zumal Nebelparder nachtaktiv sind und dank ihrer schwarz umrandeten Flecken auf dem Fell in der Dunkelheit gut getarnt.

Über das Sozialverhalten der Katzen ist deshalb wenig bekannt. Die Erfahrung lehrt: Je früher die Tiere ihr Herz verschenken, desto besser. Lernen sich potenzielle Paare vor der Geschlechtsreife kennen, stehen die Chancen gut, dass sie zusammenbleiben, sagt Biologe Christian Kern, der im Tierpark für die Raubtiere verantwortlich ist. Begegnen sich Männchen und Weibchen erst später, besteht die Gefahr, dass er sie tötet.

In freier Natur leben die Raubtiere einzelgängerisch, oder die Mutter durchstreift zusammen mit ihrem Nachwuchs das Revier. Gut versteckt in dichten Regen- und Buschwäldern bewegen sich Nebelparder durch das Blätterdach. In Nepal, Bangladesch, Myanmar, Thailand oder auf Borneo springen sie von Baum zu Baum, federn sich auf kraftvollen Hinterbeinen ab und können so meterweite Lücken überspringen. Haben sie einmal die Fährte eines Nasenaffen, Vogels oder Gibbons gewittert, gibt es kein Entrinnen. Baumtiger, Astleopard oder Affenfänger nennen Einheimische die Nebelparder. Kopfüber schleichen sie den Stamm hinab, gestützt durch die scharfen Krallen. Das Gleichgewicht halten sie mit Hilfe ihres buschigen, langen Schwanzes – ebenfalls in Relation zur Körpergröße ziemlich lang. Mit 60 bis 90 Zentimetern entspricht er der Rumpflänge.

Begeben sich die Nebelparder doch einmal auf den Boden, jagen sie Hirsche, Wildschweine, Reptilien und Nager. Immer häufiger werden sie allerdings selbst Opfer, die Bestände schrumpfen besorgniserregend. Trotz gesetzlicher Schutzbestimmungen blüht der illegale Handel. Die Knochen gelten als Heilmittel, die stattlichen Zähne als begehrter Schmuck. Und auf dem Schwarzmarkt ist der extravagant gemusterte Pelz gefragt.

Für Kinsha gibt es derweil ein Happy End. Quezon darf wieder zu ihr. „Wenn sie sich begrüßen, reiben sie die Köpfe aneinander und prusten, ähnlich wie Tiger“, sagt Kern. Sie schnurren und kuscheln sich aneinander auf ihrem hölzernen Hochbett.

NEBELPARDER IM TIERPARK

Lebenserwartung:  max. 17 Jahre

Fütterungszeiten:  täglich 15 Uhr

Interessanter Nachbar: Veilchenorganist, Schneeleopard

Isabel Stettin

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false