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Kuscheltiere. Shetlandponys lassen die Herzen der Kinder höher schlagen.

© imago/Olaf Wagner

Berliner Schnauzen: Ponys zum Liebhaben

Sie bestechen eher durch Niedlichkeit als durch Eleganz und sind kein Stück empfindlich. Das macht Shetlandponys ideal für den Job im Streichelzoo.

Im Zoo leben sie unter Wilden, ihre Nachbarn sind Nashörner, Kamele und Papageien. Und dann gibt es da noch die anderen Wilden, die, kaum um die Ecke gebogen, „Pfeeeeerde“ kreischen und sie mit klebrigen Fingern betatschen. Shetlandponys sind Stars zum Anfassen, drei schokobraune Exemplare findet man im Streichelzoo-Areal, dem einzigen Bereich im Zoo mit Zucht- und Haustieren. „Pferde sind der beste Freund des Menschen“, sagt Pfleger Mario Barabasz. Was wäre „Black Beauty“ mit einem Schaf in der Hauptrolle? Und hätte „Der Pferdeflüsterer“ so einen Erfolg gehabt, wenn Robert Redford eine Ziege gezähmt hätte? Shetlandponys bestechen eher durch Niedlichkeit als durch Eleganz, was sie für regelmäßige Auftritte in der „Wendy“ qualifiziert. Sie sind trotzdem bodenständig geblieben, sogar im wörtlichen Sinne – ihr Widerrist erreicht laut Zuchtvorgaben nur etwas mehr als einen Meter Höhe und das bei einem Gewicht von 120 bis 250 Kilogramm. Den Body-Mass-Index rechnet man da lieber nicht aus. Sagen wir einfach: Mehr zum Liebhaben auf kleinstem Raum.

Im Streichelzoo kommen viele Stadtkinder durch die Ponys zum ersten Mal mit anderen Tieren als Hund und Katze in Kontakt. Merkt man auch, sagt Barabasz. Gut, dass Shetlandponys kein Stück empfindlich sind. Es ist, als seien sie für genau diesen Job konzipiert worden. Von der gleichnamigen Inselgruppe stammend, die Großbritanniens nördlichsten Teil bildet, handelt es sich vermutlich um einen Mix verschiedener Rassen, die vor rund 2000 Jahren dort hingeschippert wurden. Keltische Pferde-DNA dürfte dabei sein, „genau lässt sich das heute nicht mehr nachvollziehen“, sagt Mario Barabasz. Unklar ist auch, warum Shetlandponys so klein geblieben sind. Vielleicht, um Windböen weniger Angriffsfläche zu bieten? In ihrer Heimat peitschen regelmäßig Stürme und Starkregen über die saftigen Wiesen. Entsprechend dicht behaart sind die winzigen Teddyohren, und ihr Fell ist so flauschig, dass man auch als Erwachsener reingreifen, die kalten Finger unter der dicken Mähne wärmen will.

Früher mussten sie als Grubenponys unter Tage schuften

Die drei Ponys im Berliner Zoo sehen es gerne, wenn man ihnen dafür etwas vom Futterautomaten mitbringt. Patrick, zehn Jahre, und Kevin, neun Jahre, sind Brüder. Dazu kommt Patricks zweijähriger Sohn Hamish, gesprochen „hämisch“, was wirklich nichts über sein Wesen aussagt, aber gut zu seinen schottischen Wurzeln passt.

Das Leben ist für Shetties, wie sie von Kennern und Pferdemädchen genannt werden, nicht immer ein Ponyhof gewesen: Zur Zeit der Industrialisierung brachte man viele Tiere nach England und setzte sie wegen ihrer geringen Körpergröße als Grubenponys im Bergbau ein. „Unter Tage wurden sie meist blind und nicht sehr alt“, erzählt Barabasz. Streicheleinheiten waren sicher auch rar. Heute kennt man sie vor allem als Showponys im Zirkus oder als Fahrschulpferde – Generationen von Kindern lernten auf ihren breiten Rücken das Reiten, schmiegten sich an ihre kräftigen Hälse, tätschelten ihre ausladenden Hinterteile.

In den USA gibt es übrigens immer wieder Versuche, die genügsamen Menschenfreunde anstelle von Blindenhunden einzusetzen. Intelligent genug sind die Shetlandponys, nur stubenrein werden sie nie. Ein bisschen Wildnis steckt eben doch in ihnen.

Shetland Pony im Zoo

Lebenserwartung:  30 bis 40 Jahre

Fütterungszeiten:  durchgehend

Interessanter Nachbar: Flachlandtapir

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