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Ganz schön bissig. Rattlesnakes sind für die höchste Zahl der Schlangenbissopfer in den südlichen USA verantwortlich.

© imago/imagebroker

Berliner Schnauzen: Warum Texas-Klapperschlangen harte Männer so sehr faszinieren

Rocker drucken sie auf Albumcover. Metal-Musiker besingen ihr toddrohendes Rasseln. Die fast taube Schlange bekommt davon aber nichts mit.

„Rattle to your death“ singen King Gizzard & The Lizard Wizard in ihrem Lied „Rattlesnake“: Rasseln bis zum Tod. Doch nun liegt dieses Tier, die Texas-Klapperschlange, bloß zusammengerollt da, wie eine Katze. Langsam gleitet sie mit ihrem platten Kopf über die Schuppen des dicken Körpers und schmiegt ihn an die erwähnte Rassel. Wahrscheinlich schmollt das Exemplar im Zoo. Missverstanden muss sie sich fühlen. Nicht nur von der australischen Band – die kann es ja nicht besser wissen, kommt die Texas-Klapperschlange down under doch gar nicht vor, sondern eben im Süden der USA und in Nord-Mexiko.

Hört man ihr Rasseln, hat man nicht mehr lange zu leben, so lautet das allgemeine Missverständnis. Daran sind mehrere Dinge falsch. Auch wenn sie lethargisch wirkt, ist die Texas-Klapperschlange nicht so dumm, sich ihrem Opfer anzukündigen. Vielmehr handelt es sich bei ihr um eine leise, effiziente Tötungsmaschine. Daher wohl auch die Faszination, die sie vor allem auf Männer ausübt, die besonders hart sein wollen. Die drucken sie auf Albumcover, wie das von „Southern Kill“ der Metalband Pantera, oder setzen sich bei Wettbewerben in Pools, die mit den Tieren gefüllt sind. Tatsächlich sind Rattlesnakes für die höchste Zahl der Schlangenbissopfer in den südlichen USA verantwortlich, ihr lateinischer Beiname lautet „atrox“, was scharf oder grausam heißt. Warum die vielen Opfer? Die Texas-Klapperschlange lebt in zersiedelten Gebieten, und so kommen ihr regelmäßig die Menschen in die Quere.

Die Rassel ist bloß ein evolutionäres Gadget

Nachts führt sie ihr Grubenorgan, ein Infrarot-erkennender Punkt neben dem Maul, auf die Spur von Nagern. Die Mäusefüßchen erkennt sie wie mit einer Wärmebildkamera. Ganz ohne Eile folgt sie den Tierchen bis zu deren Bau – oft in eine Scheune oder Garage. Das Erste und Letzte, was die Maus von ihrem Mörder merkt, sind die spitzen Zähne. Die ruhen sonst nach hinten geklappt und von einer Schutzhaut bedeckt im Kiefer, bohren sich beim Jagen oder eben im Verteidigungsfall mit bis zu 20 Metern pro Sekunde in das Fleisch des Angriffsziels. Diese Giftspritzen zeigt das Berliner Exemplar gerade vor. Auf Angriff ist sie aber nicht gepolt, vielmehr stört die Aufmerksamkeit das nachtaktive Tier in seiner Tagesruhe.

Die besungene Rassel ist eine Art evolutionäres Gadget für die Steppenbewohner. Denn Klapperschlangen teilen sich die Graslandschaft mit Bisons, deren Hufe den bis zu zwei Meter langen Ottern gefährlich werden können. Nähert sich eine Herde, rasseln sie aus Stress und zur Warnung. Die Rassel bildet sich mit fortschreitenden Häutungen, bei jedem Hautabstreifen verhornt sich eine hängengebliebene Schuppe und bildet ein neues Glied. Irgendwann ist die Rassel dann so lang, dass die hintersten Glieder porös werden und abfallen.

Träfen sich Texas-Klapperschlangen mit ihren Artverwandten von der mexikanischen Insel Santa Catalina, wäre das Rasselkonzert übrigens einseitig – denn dort gibt es keine Huftiere, weswegen diese Klapperschlangenart keine Rassel hat. Sie ist eine „rattleless rattlesnake“, eine Klapperschlange ohne Klapper.

Nicht, dass so was die Texas-Klapperschlange oder ihre Verwandten kümmern würde. Von dem Geschrei um sich bekommt die Schlange nichts mit, und ihr Rasseln hört sie auch nicht. Sie ist nämlich fast taub.

Texas-Klapperschlange im Zoo

Lebenserwartung:  25 Jahre

Interessanter Nachbar: Kupferkopf

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