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Der Dauerläufer - eine Mischung aus SUV, Kombi und Minivan.

© Rainer Ruthe

Dacia Jogger TCe 100 Eco-G Comfort: Ein kleiner Großer auf der Überholspur

Mehr Platz als ein VW Golf Variant, günstiger als ein Polo, sparsamer als ein VW up! – der gasbetriebene Jogger ist ein extrem preiswerter Familientransporter

Dieser Jogger ist in mehrfacher Hinsicht ein besonderes Auto. Erstens löst er gleich drei auslaufende Modelle ab: den Kombi Logan MCV, den Hochdachkombi Dokker und den Minivan Lodgy. Zweitens ist er eine Mischung aus SUV, Kombi und Minivan. Der Jogger vermengt geschickt die Abmessungen eines kompakten Kombi mit der Variabilität und dem modischen Design eines SUV. Denn ganz ohne SUV-Hauch geht es auch beim Jogger nicht. Robuste Planken an den Radhäusern, ein angedeuteter Unterfahrschutz, eine überdurchschnittliche Bodenfreiheit von 20 Zentimetern und natürlich die ungewöhnliche Form der Heckleuchten, die an den Outdoor-Kombi Volvo V70 erinnern.

Raumtransporter mit 2,90 Meter Radstand und bis zu drei Sitzreihen.
Raumtransporter mit 2,90 Meter Radstand und bis zu drei Sitzreihen.

© Rainer Ruthe

Mit 4,55 Meter Länge überragt der Neue das Erfolgsmodell Duster um 21 Zentimeter.  Er ist quasi ein Familienfreund der besonderen Art. Das sieht man ihm nicht sofort an. Der französische Rumäne ist ein sensationeller Raumtransporter geworden. Und damit ein Unikat! In nackten Zahlen: Der Radstand des Jogger beträgt 2,90 Meter, der des 4,6 Zentimeter längeren VW Golf Variant nur 2,67 Meter. Und dessen Kofferraumvolumen ist mit 455 bis 1380 Litern deutlich kleiner als das des Dacia mit seinen üppigen 607 bis 1819 Liter! Selbst ein 22 Zentimeter längerer VW Passat Variant bietet nur 650 bis 1780 Liter Volumen.  

Die bis zu drei Sitzreihen sind wie im Kino angeordnet, also nach hinten ansteigend. Damit ist die gute Aussicht inklusive! Und dazu passt die niedrige Gürtellinie im Fond, welche inklusive der großen Fensterflächen ein luftiges Raumgefühl ermöglicht. So wirkt der Jogger innen noch größer als er außen tatsächlich ist.

Große Klappe mit viel Platz dahinter - und die Rückleuchten erinnern an die Kombis von Volvo.
Große Klappe mit viel Platz dahinter - und die Rückleuchten erinnern an die Kombis von Volvo.

© Rainer Ruthe

Für 800 Euro extra gibt es eine dritte Sitzreihe. Und die ist keine Strafbank wie in vielen anderen längeren Familienautos. Selbst 1,80-Meter-Hünen sitzen leidlich gut. Viel Gepäck sollten sie dann aber nicht dabeihaben: Bei voller Bestuhlung schrumpft der Kofferraum auf 160 Liter. Ist man nur zu zweit unterwegs, wächst das Fassungsvermögen auf immerhin bis zu 1.819 Liter. Die zweite Reihe bietet nämlich eine seltene Variabilität. Zieht man an einer fragil scheinenden grünen Stoffschlaufe, lässt sich der Sitz einfach komplett hochklappen. Und zum Schluß kann man das weniger als zehn Kilogramm schwere Teil auch noch herausnehmen. Dann steht eine nahezu ebene Ladefläche von zwei Meter Länge und einen Meter Breite zur Verfügung. Fertig ist der Übernachtungs-Jogger. Oder es lassen sich zwei normale Fahrräder transportieren. Oder viele Surfbretter. Oder, oder, oder… Die Ladekante liegt mit 66 Zentimetern sehr niedrig, was das Einladen schwerer Gegenstände vereinfacht.

Wenn das nicht reicht, oder wer mit Kind und Kegel sowie der Schwiegermutter in den Urlaub fährt, baut die serienmäßige Dachrehling mit ein paar Handgriffen in einen Dachgepäckträger mit 80 Kilogramm Traglast um. 

Die Sitze wurden gegenüber dem Sandero stark überarbeitet: neue Steppung, anderer Stoff, längere Beinauflage, straffere Polsterung – der Aufwand hat sich gelohnt: Man sitzt viel entspannter, wähnt sich gut aufgehoben. Und das auch noch nach stundenlanger Fahrt. Eine völlig neue Erfahrung in einem Dacia. Und als I-Tüpfelchen gibt es eine klappbare Mittelarmlehne, die sich genau dort befindet, wo sie sein soll. Die witzigen Stoffeinlagen im Armaturenbrett sowie an den Armauflagen in den Türen schaffen sogar etwas wie Wohnlichkeit.

Ein Auto für weniger als 17.000 Euro? - so fühlt sich der Dacia Jogger überhaupt nicht an.
Ein Auto für weniger als 17.000 Euro? - so fühlt sich der Dacia Jogger überhaupt nicht an.

© Rainer Ruthe

Das Faszinierendste an diesem Auto? Es fühlt sich beim alltäglichen Umgang mit ihm absolut nicht so an, als koste es weniger als 17000 Euro. Man wähnt sich beim Fahren eher in einem doppelt so teuren Auto. Klar, schaut man auf die verarbeiteten Kunststoffe und das viele Hartplastik im unteren Bereich, dann wird schon klar, dass hier der Rotstift wegen des extrem günstigen Preises eine tragende Rolle bei der Entwicklung gespielt hat. Der neue Jogger muss aber nicht mehr die alte M0-Plattform von Renault wie ein abgenutztes Kleidungsstück „abtragen“ wie seine Vorgänger Lodgy, Dokker und MCV. Der neue Jogger darf sich nun der modernen CMF-Plattform bedienen, auf der auch der aktuelle Renault Clio V und der aktuelle Renault Captur II stehen. Und das bedeutet aktuelle Technik. Der Jogger ist so etwas wie der große Bruder des 46 Zentimeter kürzeren Sandero. Doch er ist viel moderner und ein völlig anderes Auto geworden, das sich auch ganz anders fährt. Der früher von uns gefahrene Sandero wirkt dagegen wie der hippelige kleine Bruder des erwachsen gewordenen Jogger. Dessen um 30 Zentimeter (!) längerer Radstand lässt ihn viel souveräner fahren.  Man fühlt sich nicht wie in einem Auto auf einer Kleinwagen-Plattform: Der Jogger federt mit seinem gegenüber dem Sandero spürbar wankstabileren Fahrwerk williger über Unebenheiten.  Auch bei niedrigen Geschwindigkeiten reagieren Federn und Dämpfer sensibler, als man es erwartet hatte. Damit kann man gut leben. Und nun passt auch die Lenkung, die im Gegensatz zum Sandero direkter übersetzt und um die Mittellage straffer ausgelegt ist.

Straffere Polsterung, längere Beinauflage, neue Steppung, neuer Stoff - der Sitzkomfort hat deutlich zugelegt.
Straffere Polsterung, längere Beinauflage, neue Steppung, neuer Stoff - der Sitzkomfort hat deutlich zugelegt.

© Rainer Ruthe

Und anders als bei früheren LPG-Varianten gibt es beim neuen optimierten Autogas-Motor keine Leistungseinbußen mehr im Vergleich zum reinen Benzinmotor. Der Einliter-Turbo arbeitet auffällig elastisch: Selbst aus niedrigen Drehzahlen um die 1000 Touren beschleunigt er ohne zu murren. So lässt er sich sehr schaltfaul und Autogas-sparend fahren. Wer Freude am Sparen hat, fährt hier richtig. Der Fahrer kann lange im hohen Gang bleiben. Die 170 Newtonmeter Drehmoment liegen zwischen 2000 und 3500 Touren an; die 101 PS werden im Bereich zwischen 4600 und 5000 Umdrehungen pro Minute erreicht. Klar, der Jogger ist kein Sprinter. 12,3 Sekunden für den Sprint von Null auf Tempo 100 reichen aber aus im Alltag, und die 175 Kilometer pro Stunde Höchstgeschwindigkeit sollten doch auch ausreichen.

Als sehr praktisch erweist sich die doppelte Reichweitenanzeige im LCD-Display zwischen den analogen Uhren: Nach dem Volltanken – das dauert kaum länger als beim Tanken mit normalem Sprit – zeigt der Bordcomputer eine Reichweite von 450 Kilometer mit Autogas an. Beim Umschalten auf Benzin beträgt die Reichweite mit dem 50-Liter-Benzintank 680 Kilometer. Macht zusammen bis zu 1130 Kilometer Gesamtreichweite. Doch letztlich spart nur derjenige, der so oft als möglich mit Autogas fährt. Und das ist gar nicht so kompliziert, denn an jeder zweiten Tankstelle, findet man, statistisch gesehen, auch eine Säule, an der Autogas zu haben ist. Übrigens haben wir auf unserer 1950 Kilometer langen Testfahrt keinen Liter Benzin getankt! So huscht angesichts der heutigen horrenden Kraftstoffpreise doch ein leichtes Lächeln über das Gesicht: Bei Autogas verringern sich Kosten um gut 40 Prozent gegenüber Benzin; trotz des um etwa 15 bis 20 Prozent höheren Verbrauchs. Das hängt mit der geringeren Energiedichte von Autogas zusammen. Und bei unserem Alltags-Durchschnittsverbrauch von 7,9 Litern Autogas pro 100 Kilometer (nur 0,2 Liter über der Werksangabe) ergeben sich bei 0,99 Euro pro Liter Autogas Kosten von gut 7,9 Euro pro 100 Kilometer. Um das mit einem Benziner zu erreichen, dürfte dieser bei zwei Euro pro Liter theoretisch nicht mehr als 3,9 Liter Super pro 100 Kilometer verbrauchen. Im wahren Leben eine Illusion. Kein Wunder, dass sich europaweit 35 Prozent der Dacia-Käufer für die LPG-Variante entscheiden.

Hier passt alles rein - der Jogger bietet bis zu 1819 Liter Stauraum.
Hier passt alles rein - der Jogger bietet bis zu 1819 Liter Stauraum.

© Rainer Ruthe

Und der Preis? Ist heiß! Der neue Dacia Jogger kostet in der fünfsitzigen Variante nur 13.990 Euro. Bereits in der Basisausstattung Essential verfügt das Auto über LED-Abblendlicht, elektrische Fensterheber vorne, Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung, Geschwindigkeitsbegrenzer und Lichtautomatik. Fahrersitz und Lenkrad sind höhenverstellbar. Eine Klimaanlage fehlt jedoch. Über eine manuelle Klimaanlge verfügt die von uns gefahrene Version Comfort zum Preis ab 15.690 Euro (Siebensitzer 16.490 Euro). Weiter sind an Bord ein Tempopilot, Einparkhilfe hinten sowie das Infotainmentsystem Media Display mit Achtzoll-Touchscreen. Das Media-Nav kostet inklusive Kartenmaterial für Westeuropa sehr faire 250 Euro; Das Sicherheitspakt mit Einparkhilfe vorne, Rückfahrkamera und Totem-Winkel-Warner gibt es für schlanke 250 Euro. Dazu noch 500 Euro für die edle Metalliclackierung. Macht zusammen bei unserem Testwagen 16890 Euro. Damit ist der neue Jogger gerüstet für alle Dinge des Alltags.

Dass der Dacia nur etwa halb so viel kostet wie viele Konkurrenten, liegt an der Konstruktion.  Die ist auf möglichst niedrige Kosten ausgelegt. Das beginnt bei der Montage der Türtafeln und reicht bis zur Position einzelner Schalter, um die Kabelwege kurz zu halten. Zudem basiert der Jogger auf einer Kleinwagenplattform, obwohl er von der Größe eigentlich ein Auto der Kompaktklasse ist. Die Plattform ist um bis zu 300 Kilogramm leichter als bei ähnlich großen Wettbewerbern. Daher rührt auch das niedrige Gewicht von nur 1298 Kilogramm. Und mit 426 Kilogramm möglicher Zuladung lässt sich leben.

Fazit. "Viel Auto für wenig Geld" – das Erfolgsrezept der Renault-Tochter geht auch beim neuen Jogger auf. In Frankreich oder Rumänien ist Dacia die Nummer 1 bei den Privatverkäufen, im Dienstwagenland Deutschland immerhin Platz 10. Der neue Jogger könnte das Ranking in den einstelligen Bereich verschieben. Denn er ist doch so etwas wie die eierlegende Wollmilchsau. Mehr Auto zu diesem günstigen Preis geht nicht. Und cleverer kann man derzeit auch nicht fahren als mit Autogas. Diese unschlagbare Kombination dürfte nicht nur für Familien reizvoll sein, die auf jeden Cent schauen. Auch für solche, die den unschlagbar geräumigen Jogger als Transporter für ihre Sportgeräte (Fahrrad, Surfbrett) nutzen wollen. Auch darin ist diese schlaue Mischung aus Kombi, Van im SUV-Verschnitt-Kleid das optimale Gefährt. Wenn das mal nicht Schule macht. Es muss nicht immer ein fetter SUV mit großem Durst sein. 

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