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Boris Pistorius (SPD), der neue Verteidigungsminister.

© Christophe Gateau/picture alliance/dpa

Geschlechterkampf im Kabinett?: Boris Pistorius und die nervige Frauen-Frage

Wenn in Kriegszeiten jemand fürs Verteidigungsministerium gesucht wird, sollte es um Qualifikation gehen. Die war beim Erwählten allerdings auch nicht allein entscheidend.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Dass die Regierung eines Landes, in dem ungefähr gleich viele Frauen und Männer leben, aus ungefähr gleich vielen Frauen und Männern besteht, ist sehr zu begrüßen.

Auf Deutschland trifft das laut Bevölkerungsstatistik zu, darum hätte man das zur Sensation aufgebauschte Versprechen von Bundeskanzler Olaf Scholz, die Hälfte der Kabinettsposten an Frauen zu vergeben, genauso gut für selbstverständlich halten können. Jedenfalls aus Frauensicht, wie ich „als Betroffene“ behaupte.

Trotzdem berührte mich nach dem Rückzug der glücklosen Verteidigungsministerin der vielstimmige Ruf danach, dass unbedingt eine Frau nachrücken müsse, unangenehm. Es ist Krieg in Europa, Waffenlieferungsfragen stehen zur Entscheidung an, Gipfel finden statt, und hierzulande sollte eine zentrale Personalie erst nach Blick unter den Rock entschieden werden?

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Es ging um neun zu sieben, statt acht zu acht. Hallo?

Mir kam das geradezu weltfremd vor. Ich fühlte mich „als Frau“ dadurch auch nicht aufgewertet, ich fühlte mich vielmehr „als Frau“ problematisiert. Dass noch in der größten Not alles aufgehalten werden muss, damit Frauen Posten erhalten, kann auch so verstanden werden, dass Frauen diesen Quoten-Support bitter nötig haben. Das mag an vielen Stellen tatsächlich so sein, schlimm genug, aber doch nicht im Bundeskabinett.

Vor der Pleite mit Christine Lambrecht waren die 16 fraglichen Posten an acht Frauen und acht Männer verteilt. Beim lautstarken Werben um eine Frau als Nachfolgerin ging es darum, ein neun zu sieben für die Männer zu verhindern. Hallo? Ist das vielleicht ein bisschen sehr dogmatisch? Ich fand und finde: ja. Und ich wollte und will „als Frau“ mit so etwas gar nicht so gern gemeint sein.

Auch die pathetische Empörung darüber, dass der Kanzler ein Versprechen gebrochen habe, ist nicht nachvollziehbar, denn das kommt bedauerlicherweise öfter vor.

Quoten kann man weder delegieren noch von oben bauen, wenn das Fundament fehlt [...]. Es muss intensiv überall an der Basis gearbeitet werden, dass Männer und Frauen mit gleichen Rechten versehen werden.

Schreibt Community-Mitglied Waedlimann

Die Bauministerin wird die von ihr versprochenen 400.000 neuen Wohnungen nicht zustande bekommen, und das nicht, weil sie faul ist oder nicht zählen kann, sondern weil die äußeren Umstände im Bausektor sich massiv und in so nicht vorhersehbarer Weise geändert haben.

Es ist nun also Boris Pistorius geworden. Und das auch nicht, weil statt Formalitäten nun Expertise zählt, sondern weil ein anderes formales Kriterium über allem stand: die Parteizugehörigkeit. Nähme man die nicht so wichtig, hätte man die bereits gut eingearbeitete FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nehmen können. Sie hätte es auch gemacht.

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