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Zwei Frauen kühlen sich im Brunnen am Neuen Rathaus in Göttingen ab.

© Swen Pförtner/dpa

Heißer Juni: Rekord-Hitze hat Europa im Griff

Deutschland erwartet am Sonntag erneut Gluthitze. In Frankreich und Spanien kommt es zu Bränden. Mediziner fordern Hitzepausen.

Auf die Hitze folgt der Temperatursturz: Während am Sonntag für Ostdeutschland rekordverdächtige Werte um die 39 Grad vorhergesagt sind, wird die neue Woche Ostseeurlauber schon fast zum Frösteln bringen. Um mehr als zehn Grad kann es örtlich kühler werden, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) am Samstag in Offenbach erklärte. Dazu steigt die Gewittergefahr, südlich der Donau muss mit Unwettern gerechnet werden. Mitte der Woche erwartet der DWD ungewöhnlich kühle 17 bis 24 Grad. Ansonsten rechnen die Meteorologen größtenteils mit schönem Sommerwetter bei 24 bis 29 Grad.

Zuvor dreht der Juni an seinem letzten Tag noch einmal ordentlich auf. 33 bis 39 Grad erwartet der DWD am Sonntag, nur im Nordwesten wird es mit 25 bis 32 Grad nicht ganz so heiß. Wegen hoher Wärmebelastung und UV-Strahlung rief die Meteorologin Jacqueline Kernn auf, die starke Mittagssonne zu meiden und besonders auf Ältere, Kranke sowie Kinder zu achten: „Sie haben oft ein gestörtes Wärmeempfinden und können die Gefahr eines Sonnenstichs oder Hitzschlags nicht erkennen.“ Nachts bleibt es vor allem im Südosten bei teils tropischen Temperaturen von 18 bis 23 Grad.

Ab Montag gehen die Werte schrittweise zurück. Im Norden auf 22 bis 28 Grad, auf den Inseln wird es schon kühler. Am Dienstag sind es im Norden nur noch 16 bis 25 Grad, auch einzelne Schauer sind möglich. Für den Südosten sagt der DWD für Montag 28 bis 35 Grad vorher, am Dienstag wird es im Süden demnach 25 bis 29 Grad warm. Abgesehen von den Unwettern bleibt es zu trocken. „Die Waldbrandgefahr nimmt nicht ab, da reicht eine Zigarette oder eine Glasscherbe“, sagte Kernn.

Brände in Frankreich und Spanien

Während die Rekord-Hitzewelle Europa weiter im Griff hat, wird Spanien an mehreren Orten von Waldbränden heimgesucht. Wie die Behörden am Samstag mitteilten, brach am Vorabend in der zentralspanischen Stadt Almorox ein Feuer aus, das mindestens 1600 Hektar Land zerstörte und sich dem Großraum Madrid näherte.

Ein weiterer Brandherd wütete etwa 60 Kilometer entfernt in der Nähe von Toledo. Löschflugzeuge unterstützen die Feuerwehrleute, die inmitten von Sturmböen gegen die Flammen kämpften. Mehr als 20 Anwohner mussten in Sicherheit gebracht werden.

In Katalonien im Nordosten Spaniens gelang es derweil, einen Waldbrand nach mehreren Tagen Einsatz weitgehend unter Kontrolle zu bringen. Die dortigen Rettungskräfte gaben aber noch keine Entwarnung, da ein kleinerer Brandherd noch virulent war. Die spanischen Behörden erklärten weiter, die Gefahr von Bränden sei nach wie vor akut, da die extremen Wetterbedingungen andauerten.

Einsatzkräfte im Kampf gegen Waldbrände in der Nähe von Toledo in Spanien.
Einsatzkräfte im Kampf gegen Waldbrände in der Nähe von Toledo in Spanien.

© Juan Medina//REUTERS

Seit Tagen leiden weite Teile Spaniens unter einer für Juni unüblichen Hitze mit Temperaturen von mehr als 40 Grad Celsius. Im Nordosten des Landes gilt die höchste Hitze-Warnstufe. 34 der insgesamt 50 Provinzen warnen vor Waldbränden.

Mutmaßlicher Brandstifter gefasst

Auch in Südfrankreich haben Flächenbrände mehrere Häuser und Hunderte Hektar Land zerstört. Die Feuersbrunst fällt mit extrem hohen Temperaturen und geringen Niederschlägen in der Region zusammen. Im Département Gard war mit 45,9 Grad am Freitag ein neuer französischer Temperaturrekord gemessen worden. Dort beschädigten die Flammen nun zehn Gebäude oder verbrannten sie ganz, wie französische Medien am Samstag berichteten.

Insgesamt seien außerdem mehr als 550 Hektar Land verbrannt, so der Radiosender France Bleu auf seiner Website. 15 Feuerwehrleute und sechs Gendarmen hätten bei Einsätzen einen Hitzeschlag erlitten. In der Gemeinde Vauvert habe ein Mann Verbrennungen zweiten Grades am Unterarm davongetragen.

Den Temperaturrekord von 45,9 Grad hatten Meteorologen in dem Ort Gallargues-le-Montueux gemessen. Rund 30 Kilometer von dort seien bei einem Feuer zwischen den Orten Garons und Saint Gilles rund 250 Hektar Land verbrannt, berichtete France Bleu. Es seien rund 700 Feuerwehrleute im Einsatz gewesen. Einige Feuer loderten demnach noch am Samstag. Sie seien aber unter Kontrolle.

In der Gemeinde Quissac wurde Medien zufolge ein Mann festgenommen, der mehrere kleine Brände gelegt haben soll. Der mutmaßliche Brandstifter sei den Behörden wegen ähnlicher Taten bereits bekannt gewesen, berichtete der Fernsehsender Franceinfo. Der Mann wurde in eine Psychiatrie eingewiesen, wie der Unterpräfekt von Gard, François Lalanne, dem Fernsehsender erklärte. Die Staatsanwaltschaft habe Untersuchungen zu dem Vorfall eingeleitet.

Ärzte fordern Hitzepausen

Angesichts der Extremtemperaturen hat der neue Ärztepräsident Klaus Reinhardt Hitzepausen für Arbeitnehmer gefordert. "Wichtig ist, bei großer Hitze die Schlagzahl etwas herunterzufahren und - wenn irgendwie möglich - die ein oder andere Pause extra einzulegen", sagte Reinhardt der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Wochenende. "Arbeitgeber sollten es aus Fürsorge für ihre Mitarbeiter ermöglichen, dass bei extremer Hitze das Tempo gebremst wird."

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach nannte den Appell richtig: "Arbeit bei den enormen Temperaturen ist gesundheitsgefährdend." Die klassische Pausenregelung sei "für die extreme Hitze nicht ausgelegt". Die Arbeitgeber müssten "ein Signal setzen und für großzügigere Pausen sorgen". Verordnete lange Mittagspausen nach Vorbild der Siesta in südlichen Ländern hält Lauterbach für falsch: "Notwendig sind flexible Regelungen, damit Arbeitnehmer, die besonders der Hitze ausgesetzt sind, geschützt werden."

Die Gewerkschaft IG BAU beklagte, es gebe zwar Regelungen, diese würden aber von zahlreichen Bauunternehmern gebrochen. "Viel stellen sich quer und ignorieren offenbar ganz bewusst die strengen Auflagen, um Kosten zu sparen", sagte IG-BAU-Sprecher Ruprecht Hammerschmidt der Zeitung. "In drastischen Ausnahmefällen lässt man lieber einen Bauarbeiter umkippen als ihm eine Flasche Wasser hinzustellen." Arbeitnehmer sollten sich über ihre Ansprüche informieren und diese einfordern, riet Hammerschmidt.

Auch die IG Metall appellierte an die Arbeitgeber: "Vor allem flexiblere Arbeitszeiten und längere Pausenzeiten sollten bei großer Hitze eigentlich selbstverständlich sein." Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban sagte der Zeitung: "Die Sommerhitze mag ein Naturereignis sein. Ihre Gesundheitsrisiken können aber aufgefangen werden." Er betonte: "Sie entlässt die Unternehmen nicht aus ihrer Verantwortung für die Gesundheit der Beschäftigten." (dpa,AFP)

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