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Schon junge Leute bewegen sich zu wenig - Übergewicht und andere Gesundheitsprobleme sind die Folge

© IMAGO

Junge Menschen bewegen sich zu wenig: Dabei darf man nicht nur zusehen!

Vielen jungen Menschen fehlt Bewegung. Die Folgen für ihre Gesundheit sind absehbar, die gesellschaftlichen Kosten ebenso. Die Politik könnte das ändern. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Werner van Bebber

Mindestens eine Stunde Action, und zwar jeden Tag: Das empfiehlt die Weltgesundheits-Organisation WHO Kindern und Jugendlichen bis 17 Jahren. Tatsächlich bewegen sich 80 Prozent aus dieser Altersgruppe zu wenig, wie eine WHO-Studie jüngst erwiesen hat. Die WHO-Forscher haben dazu Daten von 1,6 Millionen Schülerinnen und Schülern aus 146 Ländern untersucht und einen Trend ausgemacht: Mädchen neigen noch mehr zur Passivität als Jungs.

Die Studie müsste eine alarmierende Wirkung auf Politiker und Eltern haben - zumindest in den Ländern, in denen sich junge Menschen gefahrlos vor die Tür begeben können. Vermutlich aber wird sich nicht viel ändern, denn die Trends zur Passivität und zur falschen Ernährung werden seit Jahren beobachtet. Wissenschaftler und Ärzte warnen vor den Folgen von Übergewicht, vor überstrapazierten Herzen und Gelenken schon bei jungen Leuten, vor steigenden Diabetes-Risiken. Gerade erst hat das Wissenschaftsbündnis "Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten" (DANK) eine Studie zum Fast-Food-Konsum von Kindern vorgelegt, mit dem Ergebnis: Werbung wirkt. Und zwar stärker als das Vorbild der Eltern. Kinder. Schon wenig Werbung "steigert die Fast-Food-Frequenz um 50 Prozent", heißt es in einer Mitteilung. Da helfe wohl nur noch ein Werbe-Verbot.

Wenn Sport, dann für Männer

Zwei Stunden Schulsport sind eindeutig zu wenig in einer Zeit, in der zu sehen ist, was Spielkonsolen, Computerspiele und das Smartphone mit den jungen Leuten gemacht haben. Eine der Autorinnen der DANK-Studie sagt, die "elektronische Revolution" habe offenbar die "Bewegungsmuster" der Jugendlichen verändert. Dass es der Medienkonsum ist, der Kinder und Jugendlich schlaff und passiv macht, zeigen auch bestimmte Daten der WHO-Studie. So ist der Unterschied zwischen Jungen und Mädchen zum Beispiel in den Vereinigten Staaten besonders deutlich. Das führen die WHO-Wissenschaftler darauf zurück, dass die USA eine ausgeprägt männliche Sportkultur haben. American Football, Basketball, Eishockey werden zelebriert und im Fernsehen abgefeiert - als Männersportarten. Auch in Indien seien Jungen sportlich viel aktiver als Mädchen - weil dort Cricket einen hohen Stellenwert hat.

Die Fakten liegen auf der Hand. Zusammen gesehen mit dem Handy-Nacken, der es längst zum Physiotherapeuten-Phänomen gebracht hat, und der Zunahme seelischer Störungen bei jungen Leuten, fragt man sich schon, was noch passieren muss, um die Politik und das Publikum in Bewegung zu bringen. Unsinn, werden jetzt viele sagen - die Leute sind längst in Bewegung. Sie radeln zur Arbeit, statt mit dem Bus oder dem Auto zu fahren. Die Fitness-Studios verzeichnen seit Jahren einen Boom. 40.000 Leute treten in Berlin zum Marathon an. Millionen tracken ihre Körperfunktionen und achten auf ihr Gewicht. Wir werden im Durchschnitt immer älter.

Öffentliches Tai Chi hat geholfen

So ist das nun mal in einem freien Land, könnte man sagen: Die einen sitzen vor dem Schirm, weil es spannend ist. Die anderen halten sich fit, weil sie sich dann gut fühlen. Und doch gibt es so etwas wie politische Verantwortung zumindest dafür, wie junge Leute mit sich umgehen. Gewiss haben Eltern eine Vorbildfunktion - aber was, wenn sie der nicht gerecht werden? Soll die Politik zusehen, wie ganze Jahrgänge im Durchschnitt dicker und schlaffer werden?

Die Folgen für Krankenkassen und das Gesundheitssystem wären fatal. Davon abgesehen, wäre es zynisch, solchen Entwicklungen einfach ihren Lauf zu lassen. Es ist, zugegeben, weit hergeholt, in diesem Zusammenhang ausgerechnet an die Volksrepublik China zu denken. Doch die Kultur des Tai Chi in aller Öffentlichkeit hat immerhin zur Folge, dass auch greise Chinesen in einer Weise mobil sind, von der viele Alte hier nicht mal mehr träumen können. Die Impulse dazu kamen aus der Politik.

Und hier? In einem Bildungssystem, mit dem allerhöchstens die Bildungspolitiker zufrieden sind, fallen vielen täglich neue Ideen ein, was alles in die Schule gehört, vom Programmieren bis zum Umgang mit der Klimakatastrophe. Viel angebrachter - weil es einfach gut tut - wäre ein Start in den Tag mit einer Stunde Bewegung. Dazu braucht man bloß seinen Körper sowie einen Lehrer mit ein paar Ideen.

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