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Andreas Austilat.

© Doris Spiekermann-Klaas

Meine Frau, ihr GARTEN… und ich: Sturm über der Karibik

Vergangenes Wochenende wollte der Botanische Garten in Dahlem wieder seine Januar-Reihe der „Tropischen Nächte“ aufnehmen, mit karibischer Musik, Cocktails; wer mag, kann sich durchs große Gewächshaus führen lassen.

Von Andreas Austilat

Nicht schlecht, sagte ich zu meiner Frau, sah mich im Salsa-Schritt mit einer Piña Colada durch die Tropen schlendern, während ich beobachtete, wie draußen in unserem wintertrüben Garten der Wind durchs kahle Gebüsch fuhr.

Meine Frau war auch angetan, die Sache also abgemacht, nur fiel die „Tropische Nacht“ an jenem Freitagabend aus, auch am Sonnabend blieb der Botanische Garten geschlossen. „Zu gefährlich“, beschied man uns und verwies auf das Sturmtief Felix. Da half auch mein Einwand nichts, dass die Nacht doch im Gewächshaus stattfinden würde und die Tropen als sturmerprobt gelten. Auf dem Weg ins Glashaus hängen wohl zu viele Äste über einem.

Sonntag wurde ich vom Geräusch einer Motorsäge aufgeschreckt. Wer darf sonntags sägen? Antwort: die Feuerwehr. Zwei Straßen weiter war eine Tanne umgefallen. Muss an die 20 Meter hoch gewesen sein, wie eine immer noch ein wenig erschrocken wirkende Anwohnerin bestätigte. „War mal eine Blautanne“, sagte sie. Könnte auch eine Stech-Fichte gewesen sein, die wird hierzulande gern Blautanne genannt, ist aber auch egal, unte rum sind sich beide ziemlich ähnlich: Es sind Flachwurzler, so wie das vor mir liegende Exemplar, dessen Wurzeln nun ein wenig hilflos in die Höhe ragten.

Der Baum hatte das Haus knapp verfehlt, dafür den Carport zermalmt – einschließlich des sich darin befindenden Autos. „Die Autoalarmanlage hat uns geweckt, morgens um fünf“, sagte die Dame auf der Treppe, der Wagen sah aus wie in der Mitte geteilt, der Zaun zur Straße hin war niedergewalzt, draußen lagen zersägte Baumscheiben.

Auf dem Heimweg, sah ich noch einen weiteren gestürzten Baum. Innerlich beglückwünschte ich den Botanischen Garten zu seiner Entscheidung.

Die heimische Kiefer gehört ja zu den Pfahlwurzlern, die sich tief in den hier üblichen Sandboden graben. Die kippt nicht so leicht, die bricht eher, wenn sie der Sturm peitscht. Flachwurzler wie die Edel-Tannen breiten ihre Triebe dicht unter der Oberfläche aus, weil sie aus ihrer Heimat felsige Untergründe gewohnt sind. Die fallen schon mal leichter um, habe ich mir inzwischen angelesen. Seitdem beobachte ich Nachbars Tanne sehr genau, wenn ihr Wipfel bei Sturm vor unserem Dachfenster hin und her schwankt. Unter diesem Dachfenster schlafen wir, seit letztem Wochenende male ich mir aus, wie es wohl wäre, wenn der Baum mal zu uns reinkäme.

Der Botanische Garten feiert übrigens noch an den verbliebenen Januar-Wochenenden weitere, hoffentlich sturmfreie „Tropische Nächte“. Andreas Austilat

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