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Wissenshunger: Erdnussbutter mit Antibiotika

Erdnussbutter ist, so seltsam das klingen mag, eine der großen Errungenschaften der Welternährung .

.Sie hat der Welt zwar die kulinarisch fragwürdige Kombination von Erdnussbutter und Marmelade beschert, aber sie rettet auch hunderttausende Leben.

Etwa 60 Millionen Kinder leiden weltweit an einer besonders schweren, akuten Form der Unterernährung. Sie wachsen kaum, nehmen immer weiter ab. Der Körper beginnt die eigenen Muskeln zu verdauen, um an Eiweiße zu gelangen. Flüssigkeit tritt aus den Blutgefäßen und lässt den Bauch anschwellen. Das Immunsystem ist schwach und kann Keime kaum abwehren. Weit über eine Million Kinder sterben jedes Jahr an den Folgen.

In den 90er Jahren entwickelten französische Forscher ein Nahrungsmittel, das diesen Kindern helfen sollte. Im Grunde handelt es sich dabei um Erdnussbutter, die mit Milchpulver, Pflanzenöl, Zucker, Spurenelementen und Vitaminen angereichert wird. Die kalorienreiche Paste muss nicht gekocht oder mit Wasser gemischt werden und sie kann monatelang aufbewahrt werden ohne zu verderben – auch bei tropischen Temperaturen.

Die Erdnuss-Diät hat die Behandlung der Unterernährung revolutioniert. Anstatt wie früher im Krankenhaus einen Milchdrink über eine Magensonde verabreicht zu bekommen, können unternährte Kinder ihre Medizin zu Hause essen. „Statt 50 Prozent überleben jetzt 85 Prozent der behandelten Kinder – und wir können mehr Kinder erreichen“, sagt Indi Trehan, ein Experte für Kindergesundheit in Entwicklungsländern von der Universität Washington in Saint Louis.

Doch für zehn bis 15 Prozent der Kinder ist die Erdnusspaste allein offenbar nicht genug. Sie erholen sich trotz des Kraftfutters nicht, wachsen nicht, nehmen nicht zu. Viele von ihnen sterben.

In einer großen Studie, die diese Woche im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde, haben Trehan und Kollegen nun in Malawi in Ostafrika untersucht, ob Antibiotika zusätzlich zu der Paste helfen könnten. Sie behandelten insgesamt 2767 Kinder zwischen sechs Monaten und fünf Jahren, die an schwerer, akuter Unterernährung litten. Alle Kinder erhielten die normale Erdnusspaste und zusätzlich für eine Woche entweder das Antibiotikum Amoxizillin, das Antibiotikum Cefdinir oder eine Placebopille. Die Kinder, die eines der Antibiotika erhielten, erholten sich schneller von der Mangelernährung und hatten ein geringeres Risiko zu sterben. In der Placebogruppe starben 7,4 Prozent der Kinder, in der Amoxizillin-Gruppe 4,8 Prozent und in der Cefdinir-Gruppe 4,1 Prozent.

Warum die Antibiotika helfen, ist nicht klar. Möglicherweise verhindern sie, dass die geschwächten Kinder sich mit einer ansteckenden Krankheit infizieren. Möglich ist aber auch, dass die Pillen wirken, indem sie körpereigene Bakterien im Darm töten. Einige dieser Keime könnten zu einer Infektion führen, weil die Wand des Darms bei den ausgehungerten Kindern durchlässig wird.

Die neue Therapie hat ihren Preis. Antibiotika sind teuer, ihr breiter Einsatz führt zu Resistenzen, die die Wunderwaffen langsam stumpf werden lassen. Doch sie könnten hunderttausenden Kindern das Leben retten, sagt Trehan. Er hofft, dasss Erdnussbutter und Antibiotika schon bald eine gängige Kombination werden.

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