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Der Mazda CX-30 ist eher eine Mischung aus normalem Kombi und trendigem SUV.

© Rainer Ruthe

Mazda CX-30 Selection Skyactiv-X 2.0 M Hybrid: Crossover unter der Motorhaube

Mazdas City-SUV überrascht mit einem weltweit einzigartigen Verbrennungsmotor - und einer attraktiven Ausstattung

Daimler ist gescheitert, auch BMW und VW haben vergeblich versucht, einen Benziner mit einem Diesel zu kreuzen. Und nun kommt die vergleichsweise kleine Firma Mazda mit einem Auto, unter dessen Motoraube just ein solcher „Wunder“-Motor steckt, an dem man vier Jahre intensiv gearbeitet hat. Ist der wie ein Diesel arbeitende Benziner alltagstauglich? 

Mazda steckte bei den beliebten SUV in der Zwickmühle. Die Japaner hatten kein passendes City-SUV anzubieten. Es gab nur den zu kleinen CX-3 und den zu großen CX-5. Also pressten sie ein neues Modell zwischen beide: 15 Zentimeter kürzer als der CX-5 und zwölf Zentimeter länger als der CX-3. Der Logik nach müsste es CX-4 heißen. Den gibt es jedoch schon, in China heißt ein SUV-Coupé von Mazda so. Also entschieden sich die Mazda-Leute für CX-30. Und so trägt ein Mazda zum ersten Mal eine zweistellige Ziffer in der Modellbezeichnung am Heck. 

Eine weitere Besonderheit: Der CX-30 ist kein City-SUV im herkömmlichen Sinne. Eher eine Mischung aus normalem Kombi und trendigem SUV. Mazda bezeichnet den CX-30 denn auch als Crossover. Das puristische Kodo-Design, das übrigens in Deutschland entwickelt worden ist, steht dem 4,40 Meter langen CX-30 sehr gut. Er wirkt deutlich schlanker als ein konventionelles SUV in dieser Klasse, beispielsweise ein Seat Ateca oder ein Skoda Karoq. Der Mazda hat keine Kanten, Sicken oder Falze. Man möchte stattdessen die Flächen mit ihren Reflexionen wirken lassen, heißt es bei Mazda. Das Auto wirkt puristisch, und sticht damit aus der Masse heraus. Weniger ist hier mehr. Geschickt gemacht. 

Man steigt bequem ein und ist überrascht vom großzügigen Raumgefühl auf allen Plätzen. Selbst für die Hinterbänkler bietet dieser Crossover trotz des coupéartigen Dachs viel mehr Knie- und Kopffreiheit, als man erwartet hat. Hinter der zweiten Reihe bleiben noch anständige 430 Liter Volumen fürs Gepäck. Werden die Rücksitzlehnen umgelegt, wächst das Ladevolumen auf über 1.400 Liter und macht den CX-30 zum praktikablen Alltags-Begleiter. Eine elektrische Heckklappe besitzen auch nur wenige City-SUV.

Ohne Kanten, Sicken oder Falze - der CX-30 geht seinen eigenen Design-Weg und wirkt deutlich schlanker als andere SUVs.
Ohne Kanten, Sicken oder Falze - der CX-30 geht seinen eigenen Design-Weg und wirkt deutlich schlanker als andere SUVs.

© Rainer Ruthe

Großzügiges Raumgefühl

Schon nach wenigen Kilometern fühlt man sich im CX-30 wie zu Hause. Entwickler und Designer haben es tatsächlich hinbekommen, dass Raumgefühl, Ambiente, Materialien und das puristische Armaturenbrett so harmonisch zusammenpassen, dass Fahrer und Passagiere sich richtig gut untergebracht fühlen. Und das, ohne genau sagen zu können, woran es konkret im Einzelnen liegen könnte. Und weil sich die vorn Sitzenden nicht eingemauert vorkommen, entsteht eine angenehme Luftigkeit.

Hersteller schwurbeln ja gern über den Premiumanspruch, den ihre Modelle verkörpern sollen. Beim CX-30 fühlt man ihn, erkennt ihn im reduzierten Cockpit, das mit seiner Zweifarbigkeit, dem weich unterschäumten Kunststoff sowie den abgesetzten Nähten glatt ein höherklassiges Modell zieren könnte. Leider passt die Kunststoffverkleidung im Einstiegsbereich gar nicht dazu; das empfindliche Hartplastik ist schnell verkratzt.

Schön, dass Mazda auch bei der Innenraumgestaltung nicht jedem Trend hinterherläuft. So gibt es schöne und sehr gut ablesbare Instrumente mit Zeigern statt künstlicher Digitalwelten. So wurde auch geschickt kaschiert, dass der mittlere Tacho eigentlich ein TFT-Display ist, auf dem verschiedene Informationen abrufbar sind. Und das optimal integrierte Zentraldisplay lässt sich bequem per Dreh-Drück-Steller bedienen, wie bei BMW. Kein Vorbeugen, kein Gefummel auf dem Display, keine Fettflecken. Aufwand haben die Japaner zudem beim serienmäßigen Head-up-Display betrieben: Das ist nämlich „echt“, keine billige ausklappbare Plexiglasscheibe, sondern eine aufwändige Lösung wie in der Oberklasse; die Anzeigen werden direkt auf die Frontscheibe gespiegelt. 

Aus dem gewohnten Rahmen dieser Klasse fällt auch der bemerkenswerte Geräuschkomfort. Eine doppelwandige Schallschutzwand zwischen Blech und Bodenteppich sowie in den Türen unterbindet effektiv lästige Störgeräusche. Dazu agiert der aufwändig gekapselte Motor außergewöhnlich leise. Er arbeitet so kultiviert, dass man meint, einen Sechszylinder unter der gut einsehbaren langen Haube zu haben. Selbst bei höherem Tempo drängt er sich akustisch nicht in den Vordergrund. Der CX-30 überrascht mit einer so nicht gekannten Ruhe im Innenraum. Aus dem Rahmen fallen nur die lauten Abrollgeräusche der 18 Zoll großen Winterräder, die zudem den an sich ordentlichen Fahrkomfort schmälern.

Anders als die Konkurrenz: Ein fast klassisch wirkendes Cockpit mit Zeigerinstrumenten - aber serienmäßigen head-up-Display.
Anders als die Konkurrenz: Ein fast klassisch wirkendes Cockpit mit Zeigerinstrumenten - aber serienmäßigen head-up-Display.

© Rainer Ruthe

 Ein Benziner wie ein Diesel

Das Bemerkenswerteste am CX-30 ist jedoch sein einzigartiges Triebwerk, ein zwei Liter großer Benziner, der 180 PS bei 6000 Umdrehungen pro Minute abliefert und ein maximales Drehmoment von 224 Newtonmetern bietet. Der Skyactiv-X-Motor verbrennt das Benzin-Luft-Gemisch ähnlich effizient wie ein Diesel. Das spezielle dieselähnliche Brennverfahren nennt Mazda Spark Controlled Compression Ignition (SPCCI). Zu deutsch per Zündkerze kontrolliert ablaufende Kompressionszündung.

Der Mazda-Benziner arbeitet wie ein Diesel mit hohem Luftüberschuss. Das extrem magere Benzin-Luft-Gemisch würde sich hier aber nicht selbst entzünden. Jetzt kommt Mazdas Zündkerzentrick ins Spiel: Es wird unmittelbar vor der Zündkerze eine Mikrodosis Benzin eingespritzt. Diese kleine Wolke wird, elektronisch geregelt, just in dem Moment entzündet, wenn die extrem hohe Verdichtung von 16,3:1 erreicht ist und das magere Benzin-Luft-Gemisch durch die damit verbundene hohe Kompressionstemperatur kurz vor der Selbstzündung steht. Die von der Zündkerze ausgelöste Mini-Explosion sorgt sozusagen für den letzten Kick. Das hochkomprimierte magere Benzin-Luft-Gemisch entzündet sich auf einen Schlag im gesamten Brennraum und verbrennt äußerst effizient. Eben wie bei einem Dieselmotor. Das nennt man Magerbetrieb. Das Ganze wird von einem neu entwickelten Verbrennungsdrucksensor überwacht, damit kein schädliches Klopfen entsteht.

An Bord befinden sich zudem Spritspar-Helfer. So ein Mildhybridsystem mit 6,5 PS starkem Riemen-Startergenerator und 24-Volt-Batterie. Es ist für das Start-Stopp-System zuständig, sorgt für die nötige Energie beim schnellen Neustart und Spurteinlagen.Überdi es schickt die Motorsteuer-Elektronik die beiden äußeren der vier Zylinder in eine Zwangspause, wenn der Mazda mit gelupftem Gasfuß auf Landstraße oder Autobahn im Teillastbereich dahingleitet. 

Auf dem 8,8 Zoll großen Zentraldisplay lässt sich übrigens im Untermenü Betriebszustand des Systems in einem Schemata genau verfolgen, wann der Skyactiv-X-Motor im sparsamen SPPCCI-Modus unterwegs ist. Überraschend reicht dieser bis nahezu 4.500 Touren. Und das bedeutet 180 km/h im sechsten Gang. Bei höherer Last verschiebt die Elektronik den SPPCI-Mager-Bereich gleitend in Richtung konventionellem Verbrennungsmodus mit homogenen Benzin-Luft-Gemisch; der Motor wechselt unmerkbar zwischen Kompressions- und Fremdzündung. Schon ab 1000 Touren wechselt der Motor von der Fremdzündung in den Kompressionsmodus. Ab 3.000 Touren schaltet sich ein Kompressor zu. Dessen vorrangige Aufgabe besteht jedoch nicht in einer Leistungssteigerung, sondern darin, genug Luft fürs extrem magere Gemisch reinzuschaufeln. Die Luftzugabe lässt sich mit dem Kompressor exakt und verzögerungsfrei dosieren, bei einem Turbolader klappt das nicht so gut.

Gut, diesem besonderen Sauger fehlt der Bums eines Turbomotors. Manch Umsteiger, der dies gewohnt ist, empfindet das Triebwerk wahrscheinlich als „lahm“. Auch könnte er sich möglicherweise fragen, wo denn die 180 PS nun stecken. Doch eine Höchstgeschwindigkeit von 204 km/h und eine Beschleunigung in 8,5 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 sind so schlecht nun auch wieder nicht.

Mit maximal 1400 Liter Ladevolumen ist der CX-30 ein praktischer Alltags-Begleiter - mit elektrischer Heckklappe.
Mit maximal 1400 Liter Ladevolumen ist der CX-30 ein praktischer Alltags-Begleiter - mit elektrischer Heckklappe.

© Rainer Ruthe

Laufruhe eines Sechszylinders

Dieser Motor ist nicht auf Hochleistung und Sport getrimmt, sondern auf Kultur und Sparsamkeit. Nach vielen Kilometern wächst einem dieser spezielle Motor direkt ans Herz. Denn dieser Vierzylinder überzeugt mit dem einschmeichelnd-kultivierten Wesen eines Sechszylinders. Er lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, weil er dank seiner ausgeprägten Elastizität auch überraschend schaltfaul gefahren werden kann. Selbst Tempo 50 im sechsten Gang löst bei ihm keine Schüttellähmung aus. Spontan spricht er auf die Bewegung des Gaspedals an, reagiert nicht so verzögert wie ein zwangsbeatmeter Benziner. Ihm fehlt zwar der Punch eines Turbo-Benziners, dafür agiert er mit einer geradezu wunderbaren Gleichmäßigkeit bei der sanft anmutenden Kraftentfaltung. Das ist heute nicht nur selten und damit eine ganz neue Erfahrung für jeden, der den Turboausbruch gewohnt ist. Das macht geradezu süchtig; man fährt „anders“, eben entspannter.

Und als i-Tüpfelchen wartet der Antrieb mit einer der besten Schaltungen überhaupt auf – knackig und zackig. Einfach locker aus dem Handgelenk heraus. Selbst Schalten kann Spaß machen; wer hätte das gedacht? Doch so spaßig es ist, den Joystick-Hebel durch die Gassen zu jagen, ist das wegen der Elastizität dieses Vierzylinders nicht unbedingt jede Minute nötig.

An der Zapfsäule folgt die nächste positive Überraschung: Mazda hat eine Verbrauchseinsparung von bis zu 20 Prozent gegenüber einem normalen Benziner versprochen – und im Alltag Wort gehalten. 5,9 Liter Super E10 pro 100 Kilometer versprechen die Japaner auf Basis des neuen WLTP-Messzyklus. Und in der Praxis? Ebenfalls nur 5,9 Liter! Das ist eine Ansage. Anders als bei vielen anderen Firmen klaffen bei Mazda theoretische Werksangabe und praktischer Realverbrauch nicht so weit auseinander. Auf der obligatorischen Sparrunde war es gar nur 5,1 Liter Super E10. Das schafften noch vor wenigen Jahren nur Spitzen-Diesel. Dabei hat ein Liter Benzin aufgrund seiner um 13 Prozent geringeren Energiedichte gegenüber einem Liter Diesel von Haus aus einen Verbrauchsmalus, selbst ein sehr effizienter Benziner wie der Skyactiv-X von Mazda verbraucht also einen Tick mehr wie ein gleich effizienter Diesel. In einem umso helleren Licht erscheint deshalb der vergleichsweise niedrige Praxisverbrauch von 5,9 Litern. Nichts zu meckern gibt es auch beim Fahrwerk. Der CX-30 lässt selbst in schnell gefahrenen Kurven kaum Seitenneigung zu, bügelt Flickenteppich-Abschnitte der Fahrbahn locker weg und erfreut seinen Fahrer mit einer präzisen Lenkung.

Angenehmes Raumgefühl und ein perfekt knackig-zackig arbeitendes Schaltgetriebe.
Angenehmes Raumgefühl und ein perfekt knackig-zackig arbeitendes Schaltgetriebe.

© Rainer Ruthe

 Üppig bestückte Einstiegsversion

Einen kleinen Sonderweg geht Mazda auch bei der Positionierung dieses besonderen Crossover. Ein abgespecktes billiges Basismodell gibt es nicht. Stattdessen eine bereits sehr gut ausgestattete „Einstiegsversion“, welche bei anderen Herstellern bereits als Top-Version firmieren würde. Serienmäßig sind 18-Zoll-Leichtmetallräder, Navigationssystem mit 3D-Kartendarstellung, Voll-LED-Scheinwerfer, Rückfahrkamera, Head-up-Display, Totwinkel-Assistent, Spurhaltung, Verkehrszeichenerkennung, Tempomat, Abstandsradar und Querverkehrswarner an Bord. Letzterer hilft beim Rückwärtsfahren aus einer Parklücke oder Einfahrt. Je nach Ausstattungslinie bietet Mazda noch eine 360-Grad-Kamera und einen Front-Kollisionswarner an. Daran gemessen ist der „Einstiegspreis“ von 29490 Euro direkt günstig zu nennen. Ein vergleichsweise ausgestatteter kleinerer VW T-Roc kostet locker 5000 Euro mehr. 

Fazit. Man soll ja bei Superlativen sehr zurückhaltend sein. Doch im Falle dieses Mazda CX-30 dürfte das gerechtfertigt sein. Dieses Auto ist außergewöhnlich.  Weil es einen weltweit einzigartigen Verbrennungsmotor an Bord hat, der die Vorteile von Diesel und Benziner zu vereinen sucht. Und das funktioniert im Alltag sehr gut. Allerdings muss man sich auf dieses Triebwerk einstellen, sonst funktioniert es nicht. Wer diesen ganz speziellen Sauger so fahren will wie einen modernen Turbodiesel, der wird eine große Enttäuschung erleben – beim Fahren und beim Tanken. Denn richtig druckvoll gefahren, verliert der Skyactive X-Motor seinen größten Vorzug: Er knausert nicht mehr auf seine intelligente Weise. Er fährt dann wie ein gewöhnlicher Benziner mit homogenen Benzin-Luft-Gemisch im Lamda-1-Bereich – und säuft dann auch wie jeder Benziner, wenn er gefordert wird. Es gibt zweifelsohne spritzigere SUV, auch schnellere. Aber keine so sparsamen Benziner mit einem solch einzigartigen Antrieb.

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