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Das Bild von Frankensteins Monster wurde vor allem durch die Kino-Verfilmung von 1931 mit Boris Karloff als Kreatur geprägt. Die Rolle machte den britischen Schauspieler fast so bekannt wie das Monster selbst.

© What's Up Films

200 Jahre Frankenstein: Das unsterbliche Monster

Eine neue TV-Doku über das „Verhängnis des Doktor Frankenstein“: Vor 200 Jahren kam Mary Shelleys Roman über die tatsächlich unsterbliche Kreatur heraus.

Alles beginnt im Jahre 1816, als sich eine junge 18-jährige Frau aus London, die in einer düsteren Villa am Genfer See lebt, an den Schreibtisch setzt und eine Geschichte aufschreibt, die ihrer Zeit weit voraus und von geradezu ungeheurer Ungeheuerlichkeit ist. Mary Shelley (1797 – 1851) erzählt die gruselige Geschichte des jungen Schweizer Naturwissenschaftlers und Arztes Doktor Viktor Frankenstein, der an der Universität Ingolstadt die Idee entwickelt, aus Leichenteilen eine neue Kreatur zu erschaffen und mit neuem Leben zu erfüllen.

Die rebellische Mary lebt mit ihrem zukünftigen Ehemann, dem romantischen Schriftsteller Percy Shelley zusammen, zu ihren Kreisen zählt unter anderem einer der berühmtesten Dichter dieser Zeit, Lord Byron. Alle lieben sie den Rausch, nehmen Opium und lesen sich gegenseitig Schauergeschichten vor. Dekadente britische Dandys am Genfer See, die es lieben, sich Angst einzujagen und Horror zu ersinnen. Snobby, indeed.

Dann schlägt Lord Byron einen literarischen Wettbewerb unter den Schriftstellern vor: Wer von ihnen schreibt die beste Schauergeschichte? Und Mary macht sich daran, unter dem Einfluss zeitgenössischer wissenschaftlicher Forschungen und neuer Erfindungen, „Frankenstein“ zu kreieren. Es ist die Geburtsstunde eines Mythos, einer der berühmtesten Figuren der Literatur- und Kulturgeschichte: Frankensteins Monster.

Die neue französische Arte-Dokumentation „Das Verhängnis des Doktor Frankenstein“ von Filmautor Jean Froment geht der Entstehungsgeschichte dieses Mythos nach und verknüpft dies zugleich mit den ersten in der Medizin praktizierten Experimenten, bei toten Tieren, aber auch menschlichen Leichenteilen durch Strom eine Reaktion des Nervensystems hervorzubringen. Den Prozess des Alterns zu überwinden und somit schlussendlich am Ende auch den Tod, ist weiteres Subthema der Dokumentation, in der zahlreiche britische Shelley-Biografen und –Experten zu Wort kommen.

Seit 1823 auf der Bühne, erst 1910 im Kino

1818 schließlich – vor genau 200 Jahren – erscheint Mary Shelleys Romandebüt, es trägt den Titel „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“, und es wird einmal ein Welt-Bestseller werden. Shelley ist zwanzig, als ihr Debüt schließlich erscheint, und kann gar nicht erahnen, was sie mit ihrem romantisch-fantastischen Stoff bewirken wird. Ihr Buch, dessen zentrales Grundthema eben die Sehnsucht nach Unsterblichkeit ist, nach der Unendlichkeit des irdischen Daseins, wird einmal eine Vorreiterrolle bei der Erschaffung eines neuen Genres, der Science-Fiction, einnehmen sowie in unzähligen Adaptionen auf der Theaterbühne, der Kinoleinwand und später auch dem Fernsehbildschirm variiert werden. Gelangt der Stoff bereits 1823 auf die Bühne, so stammt die erste Kinoversion aus dem Jahr 1910.

Die berühmteste – und wohl immer noch beste – aller Verfilmungen ist jene von Regisseur James Whale von 1931, „Frankenstein“, die durch die bezwingende physische Präsenz des britischen Hauptdarstellers Boris Karloff (1887 – 1969) in dem Part des Monsters selbst zum Klassiker der Moderne geworden ist. Die Filmreihe wird bis in die späten 1940er Jahre fortgesetzt, seither gibt es weit über 100 Frankenstein-Verfilmungen, eine der jüngeren, 1994 produzierten, zeigt Robert De Niro in Kenneth Branaghs „Mary Shelleys Frankenstein“ als das Monster. Seit der klassischen Ur-Adaption von 1931 gilt letztlich für jede neuerliche Kinoversion: Boris Karloff, reloaded.

Das Jubiläumsjahr 2018 wird schließlich im Dezember im Kino mit einem neuen aufwendigen Biopic, Haifaa Al Mansours „Mary Shelley“ beschlossen. Und erst 2015 wird Mary Shelleys Schauer-Roman von der BBC unter den ersten zehn der „100 greatest British novels“ gelistet. Der populärkulturelle Mythos Frankenstein und seine literarische Erfinderin Shelley leben fort. Sie sind, wie das namenlose stumme Monster, unsterblich geworden.

„Das Verhängnis des Doktor Frankenstein“, Mittwoch, Arte, 22 Uhr 20

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