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Die Zahl der Erinnerungen, Mahnungen und Vollstreckungsverfahren bei säumigen Beitragszahlern ist zurückgegangen.

© dpa

8,42 Milliarden Euro an Rundfunkbeiträgen: Die Zahlungsmoral steigt

Beitragsservice sammelt 8,42 Milliarden Euro für ARD, ZDF und Deutschlandradio im Jahr 2021 ein

Die peniblen Beitragssammler in Köln-Bocklemünd kann eigentlich nichts so schnell verblüffen. Diesmal aber findet sich im Jahresbericht des Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio eine Zahl, die auch Bernd Roßkopf, Bereichsleiter Finanzen und Services, am Dienstag in Köln als „überraschend“ bezeichnet. Die Zahl der Erinnerungen, Mahnungen und Vollstreckungsverfahren ist im Corona-Krisenjahr 2021 nicht etwa gestiegen, sondern „deutlich rückläufig“, genauer gesagt: um 11,5 Prozent gegenüber 2020 gesunken. Statt knapp 19 Millionen „Maßnahmen im Forderungsmanagement“ waren es nur noch 16,76 Millionen. Betroffen waren drei Millionen der insgesamt vom Beitragsservice geführten 45,74 Millionen Beitragskonten.

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„Das spricht für eine gute Zahlungsmoral in Deutschland“, folgert Roßkopf und nennt als Grund die eingeschränkten Freizeit-Möglichkeiten und die Konsum-Zurückhaltung in der Pandemie. Dabei verweist er auch auf Erkenntnisse des Unternehmens Creditreform, das in seiner Funktion als Wirtschaftsauskunftei und Inkassodienstleister einen jährlichen Schuldneratlas erstellt. Demnach ist die Zahl der überschuldeten Personen und Haushalte 2021 um jeweils zehn Prozent gesunken. 2,5 Millionen Menschen – zumeist Arbeitslosengeld-II-Empfänger – waren 2021 von der Zahlung des Rundfunkbeitrags befreit. Auch diese Zahl ist um gut fünf Prozent zurückgegangen, während die Pandemie im gewerblichen Sektor deutliche Spuren hinterlassen hat. 28.800 Betriebsstätten wurden auf Antrag von der Zahlung freigestellt, 2020 waren es noch lediglich 1400. Während Betriebe wie Eiscafés saisonbedingt eine vorübergehende Pause einlegen können, kamen nun etliche pandemiebedingte Stilllegungen hinzu.

Plus dank 18,36 Euro Beitrag

Für die Sender selbst sorgt die vom Bundesverfassungsgericht angeordnete Erhöhung des Rundfunkbeitrags von monatlich 17,50 auf 18,36 Euro für das erwartete Plus. Die Gesamterträge stiegen 2021 gegenüber dem Vorjahr um 3,8 Prozent. Von den insgesamt 8,422 Milliarden Euro erhalten die Landesrundfunkanstalten der ARD 5,9 Milliarden (2020: 5,7). Den Löwenanteil nehmen die größten Sender WDR (1,24 Milliarden), SWR (1,07), NDR (1,03) und BR (957 Millionen) ein. Auf den Rundfunk Berlin-Brandenburg entfallen 436 Millionen (2020: 417). Das ZDF darf sich über einen Zuwachs von 2,02 auf 2,12 Milliarden Euro freuen. Der Anteil des Deutschlandradios beträgt 243 Millionen (2020: 232 Millionen), und die Landesmedienanstalten werden mit 159 Millionen (2020: 153 Millionen) ebenfalls aus dem Rundfunkbeitrag finanziert.

Im laufenden Jahr dürften die Erträge weiter steigen, denn die Erhöhung um monatlich 86 Cent trat erst zum 1. August 2021 in Kraft. 2022 kassiert der Beitragsservice den gestiegenen Beitrag volle zwölf Monate ein. Nachdem die Einigung der Bundesländer am Widerstand von Sachsen-Anhalt gescheitert war, hatten ARD, ZDF und Deutschlandradio erfolgreich in Karlsruhe auf Umsetzung geklagt. Das Bundesverfassungsgericht sah in seinem Urteil vom 20. Juli 2021 eine „staatliche Handlungspflicht in Bezug auf die Gewährleistung der funktionsgerechten Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten“. Es genüge nicht, „wenn ein einzelnes Land eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags – überdies ohne tragfähige Begründung – ablehnt“.

Folgen der Inflation nicht absehbar

Mit Prognosen für die Zukunft hielten sich Roßkopf und Geschäftsführer Michael Krüßel am Dienstag lieber zurück. Welche Folgen die Inflation haben werde, sei noch nicht absehbar. Auch der Ukraine-Krieg habe bisher keine nennenswerten Auswirkungen auf die Arbeit des Beitragsservice. Geflüchtete sollen vorerst nicht mit Beitragsforderungen belästigt werden. Deshalb befinde man sich in engem Kontakt mit den Behörden, sagte Roßkopf. Dies funktioniere bis auf Ausnahmefälle „grundsätzlich sehr gut“. Auch ein vor wenigen Wochen ergangenes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bereitet dem Finanzchef keine Sorgen. Demnach müssen jene, die nachweislich kein Girokonto eröffnen können, ihren Beitrag auch bar bezahlen können. Dabei handele es sich aber um eine extrem niedrige Zahl, erklärte Roßkopf. Noch stehe die schriftliche Begründung des Urteils aus, erst dann könne der Beitragsservice die eigene Vorgehensweise anpassen.

Mit einem erneuten Meldedatenabgleich im November soll der Bestand der Beitragskonten überprüft werden. Für noch nicht angemeldete Haushalte könnten dann Zahlungsaufforderungen fällig werden. Gleichzeitig will der Beitragsservice die Digitalisierung vorantreiben. Zwar ist die Nutzung des Webportals rundfunkbeitrag.de weiter gestiegen. Aber drei Viertel der Verwaltungsvorgänge werden nach wie vor schriftlich auf Papier abgewickelt, und täglich bearbeiten die rund 950 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Durchschnitt 13 900 Anrufe.

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