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Medien: Abgeschottet

Die Welt verhandelt über den Irak. Iraker bekommen davon wenig mit

Die gesamte Welt verfolgt in den Medien gebannt die Entwicklungen in der Irak-Krise. Die Rede an die Nation von US-Präsident George W. Bush wurde auch im deutschen Fernsehen mitten in der Nacht live übertragen. Die Übertragung einer UN-Sicherheitsratssitzung schlug alle Zuschauerrekorde, als US-Außenminister Colin Powell vergangene Woche seine Satellitenbilder und abgehörten Funksprüche vorstellte, um Amerikas Anschuldigungen gegen den Irak zu untermauern. Auf BBC World, CNN oder Al Dschasira kann jeder Interessierte weltweit alle Pressekonferenzen von Waffeninspektoren, irakischen Regierungsvertretern oder US-Politikern live verfolgen. Nur die Iraker nicht.

Die Menschen im Irak, die von den Entscheidungen über Krieg und Frieden am stärksten betroffen sind, können nur ahnen, was in Washington und New York gerade verhandelt wird. Da im Irak Satellitenfernsehen verboten ist, sind die Menschen auf die staatlichen Fernsehsender angewiesen. Darin können sie derzeit zwei bis drei Mal pro Woche Präsident Saddam Hussein sehen, wie er sich mit seinen Generälen und Beratern an einem langen Konferenztisch trifft und sich über die Vorbereitungen der Armee auf den Kriegsfall unterrichten lässt. Oder sie können live an einer Militärparade teilnehmen. Allein im Fernsehsender Shabab (Jugend) von Präsidentensohn Udday Hussein, werden manchmal Beiträge des qatarischen Senders Al Dschasira übernommen, die ungefilterte Informationen enthalten.

Auch in den ebenfalls staatlich kontrollierten Printmedien sieht die Lage nicht anders aus: In den sieben Tageszeitungen wurde über Powells Präsentation im UN-Sicherheitsrat nur kurz am Rande berichtet. Länger fielen die Kommentare zu dem Ereignis aus, über das die Iraker nichts erfahren haben. Von den gleichgeschalteten Printmedien hebt sich nur die Zeitung „Babel“ teilweise ab, die ebenfalls zum Medienimperium des 37-jährigen Udday Hussein gehört.

Nach dem Golfkrieg 1991 gegründet, sollte die Zeitung den Irakern ein Ventil für ihre Frustrationen bieten. Hier wurden mal ein Minister kritisiert oder Skandale beim Wiederaufbau des Landes offen gelegt. Allerdings scheinen dies publizistische Kampagnen gewesen zu sein, um die Ablösung eines missliebigen Mitstreiters vorzubereiten. Unter der Rubrik „Wenn man ausländischen Nachrichtenagenturen trauen darf“, wurden auch schon Meldungen über mögliche Exilpläne Saddam Husseins nachgedruckt. Dass sich jedoch auch „Babel“ an die Spielregeln halten muss, wurde im November klar, als das Blatt für einen Monat verboten wurde. Das Erscheinungsverbot ausgelöst hatte wahrscheinlich die scharfe Kritik am jordanischen Monarchen und am ägyptischen Präsidenten. Damit hatte „Babel“ gegen die Zensurvorgabe verstoßen. Sie verbietet die Kritik an arabischen Regierungen.

Wenigstens das Internet müsste freien Zugang zu Informationen bieten, mag man denken. Internet gibt es im Irak zwar seit etwa einem Jahr, doch es gibt nur wenige tausend Anschlüsse für Ministerien, Hotels und Verdiente des Regimes. Viele Seiten sind zudem blockiert, die Suchmaschine Yahoo kann man beispielsweise nicht aufrufen, und E-Mails kann man nur über staatliche Provider schicken – der Geheimdienst liest mit. Den Irakern bleibt nur der gute alte Weltempfänger, um den Anschluss ans Weltgeschehen zu halten.

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