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Der frühere "Spiegel"-Autor Hans Leyendecker, der heute für die "Süddeutsche Zeitung" arbeitet, kritisiert den Abschlussbericht scharf.

© Marcus Brandt/dpa

Abschlussbericht vorgelegt: „,Spiegel' hat 1993 bei Titel zu Bad Kleinen Fehler gemacht“

Aussagen mangelhaft geprüft, urteilt das Gremium zum „Spiegel“-Bericht von 1993. Autor Leyendecker widerspricht: Für ihn ist der Abschlussbericht „unredlich und unseriös“.

Mit einer vor rund 27 Jahren erschienenen Titelgeschichte zu einem GSG-9-Einsatz gegen die terroristische Rote Armee Fraktion (RAF) in Bad Kleinen hat der „Spiegel“ aus Sicht einer Aufklärungskommission einen Fehler gemacht. Im Abschlussbericht, den das Nachrichtenmagazin am Donnerstag veröffentlichte, heißt es: „Nach vielen Gesprächen mit damals Beteiligten - innerhalb und außerhalb der Redaktion - ist die Kommission zu der Überzeugung gelangt, dass der „Spiegel“ mit der Berichterstattung über die Abläufe in Bad Kleinen auf Basis einer mangelhaft geprüften und falschen Aussage einen journalistischen Fehler begangen hat.“ Der Autor der damaligen Titelgeschichte „Der Todesschuss“ (SPIEGEL 27/1993), Hans Leyendecker, bezeichnete den Abschlussbericht als „unredlich und unseriös“.

In dem Artikel geht es um den pannenreichen Einsatz der Elite-Polizisten 1993 in der Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern zur Festnahme von zwei RAF-Mitgliedern. Terrorist Wolfgang Grams sowie ein GSG-9-Beamter starben. Grams hatte sich laut einem Gutachten selbst umgebracht. Allerdings gab es Gerüchte, dass das RAF-Mitglied hingerichtet worden sei und auch Medienberichte wie den „Spiegel“-Artikel zu dieser Frage. In die Titelgeschichte floss als Quelle auch ein anonymer Zeuge ein, der laut Artikel gesehen haben wollte, wie ein Polizist Grams erschoss. Im Nachgang kamen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Quelle auf.

Die vom „Spiegel“ beauftragte Kommission schreibt, dass es eine Quelle gegeben habe - zumindest eine anonyme. Zugleich wird an anderer Stelle im Bericht kritisiert: „Die redaktionellen Kontrollen und die Überprüfung durch die Dokumentation haben versagt; das Justiziariat hat zwar Unstimmigkeiten bemerkt, aber nicht Alarm geschlagen.“

Leyendecker, der heute für die „Süddeutsche Zeitung“ arbeitet und zu den profiliertesten Journalisten im investigativen Bereich zählt, teilte der Deutschen Presse-Agentur mit: „Dass der „Spiegel“ den Quellenschutz im Grunde nicht respektiert ist für jemanden, der fast zwanzig Jahre für dieses wichtige Blatt gearbeitet hat, nicht nachzuvollziehen. Die Frage der Kommission, ob ich einen Kontakt zu der damaligen Quelle herstellen könne, war eine Bankrotterklärung der heutigen „Spiegel“-Macher.“ dpa

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