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Medien: Afghanistan-Berichterstattung: Krieg ohne Kriegsreporter

Eine verwackelte, unscharfe Sequenz ist der ganze Stolz der BBC: Ein Reporter - weißes Hemd, blauer Anorak - macht einen Aufsager in schwarzer Nacht. John Simpson heißt der Mann.

Von Barbara Nolte

Eine verwackelte, unscharfe Sequenz ist der ganze Stolz der BBC: Ein Reporter - weißes Hemd, blauer Anorak - macht einen Aufsager in schwarzer Nacht. John Simpson heißt der Mann. Er hat sich selbst aufgenommen, mit einer winzigen Digitalkamera. Doch das Besondere dieser Bilder ist nicht mit bloßem Auge zu erkennen. Eine BBC-Sprecherin erklärt es: Das hinter Simpson sei nicht irgendein Nachthimmel, sondern der Himmel kurz vor Kabul. Simpson habe auch schon Trümmer gesehen, die amerikanische Bomber angerichtet hätten. "Kein Reporter ist so nah an Kabul wie er."

Was hält CNN dagegen? Grüne Bilder vom nächtlichen Kabul, die wie Ultraschall-Aufnahmen aussehen. Ein todesmutiger Afghane filmt sie jeden Abend mit einer Nachtsicht-Kamera und schickt sie mit einem Satelliten-Handy zum Sender nach Atlanta. Aber auch CNN will bald wieder einen Reporter vor Ort haben, kündigt eine Sprecherin an. Nic Robertson, der als letzter westlicher Journalist von den Taliban des Landes verwiesen wurde, stehe schon wieder an der afghanischen Grenze. Was er vorhat, ist nicht ungefährlich. Eine Britin und gestern offenbar auch ein Franzose sind schon auf Taliban-Gebiet verhaftet worden. Beide tarnten sich mit einer so genannten Burka, die in der Afghanistan-Berichterstattung schon gewissen Tradition hat. Sie steckten unter einem Ganzkörperumhang für Frauen.

Bislang wird also der Krieg der USA gegen das Taliban-Regime ohne Kriegsberichterstatter ausgefochten. Wo kommen die Informationen über Afghanistan her, die etwa CNN-Reporterin Christiane Amanpour jeden Abend aus Islamabad vorträgt?

BBC wie CNN verweisen auf ihr altes Netzwerk, das ihre Reporter aufgrund langjähriger Tätigkeit in Afghanistan besäßen. Selbst in der Zentrale wisse man nicht, wer genau ihre Kontaktleute seien, sagt eine BBC-Sprecherin: "Das wäre für die Betreffenden zu gefährlich." Ansonsten wird bei den BBC-World-Nachrichten immer hin- und hergeschaltet: In den Norden Afghanistans, wo ein Reporter referiert, wie die Nord-Allianz die Lage einschätzt. Dann nach Islamabad, wo ein anderer Korrespondent die Informationen der Pressekonferenz des Taliban-Botschafters zusammenfasst. Das Kalkül: Irgendwo, zwischen den Versionen beider Lager, wird die Wahrheit liegen. Die Gefahr, Propanda der US-Militärs zu verbreiten, besteht bis jetzt noch nicht. Denn die halten sich bedeckt.

Diese Berichterstattung des Ungewissen wird von CNN beherrscht. 75 Journalisten hat der Sender in der Region, 35 in Islamabad, 12 bei der Nord-Allianz. Außer RTL haben auch das ZDF und die ARD Kooperationsverträge mit CNN abgeschlossen. CNN-Journalisten haben es auch konfortabler als die Kollegen. Im Panjshir-Tal im Norden stellen sich Dirk Sager vom ZDF, Thomas Roth von der ARD und Christoph Sagurna von RTL für ihre Aufsager vor dieselbe karge Kulisse aus Lehmhütten. Sie teilen sich das Sende-Equipment. CNN hat einen eigenen Übertragungswagen.

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