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Olaf Scholz, Bundesfinanzminister und Vizekanzler der SPD

© imago images / IPON

„Anne Will“ zu Milliarden für die Coronakrise: Am Ende musste Olaf Scholz etwas klarstellen

Wieviel Corona-Schulden man dem Steuerzahler zumuten könne, wollte Anne Will von ihren Gästen wissen. Der Finanzminister äußerte sich auch zu Konsumgutscheinen.

Die Zahlen sind schwindelerregend: Auf 1,25 Billionen Euro belaufen sich schon jetzt die geplanten Coronahilfen Deutschlands. Allein 140 Milliarden Euro könnten auf die Bundesrepublik nach dem von Angela Merkel und Emmanuel Macron vorgeschlagenen 500-Milliarden-Euro-Wiederaufbaufonds zukommen. „Milliarden gegen die Krise – wird das Geld richtig investiert?“ lautete entsprechend die Frage von Anne Will am Sonntagabend an ihre fünf Gäste.

Sollte die Runde irgendeine Aussagekraft über den Zustand der Großen Koalition haben, so ist es um sie derzeit vergleichsweise gut bestellt. Eine hitzige Debatte oder bissige Polemiken wurden dem Zuschauer erspart. 

Im Zentrum aller Fragen stand der SPD-Politiker und Vizekanzler Olaf Scholz in seiner Funktion als Bundesfinanzminister. Aus den Reihen der Koalition saß ihm mit Carsten Linnemann der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegenüber. 

Die Opposition vertrat Annalena Baerbock von den Bündnis-Grünen. Fundamentalkritik war von ihr angesichts der Grünen-Forderung nach einer Billion Euro Coronahilfen jedoch nicht zu erwarten.

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Die große Kontroverse blieb aus

Damit hielt sich auch Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler und wie Linnemann CDU-Mitglied zurück. Überhaupt fiel auf, an wie vielen Stellen sich die Diskutanten gegenseitig bestärkten. Das galt auch für die Wirtschaftswissenschaftlerin Monika Schnitzer, die die Bundesregierung als Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung berät.

Wer nun von dieser Sendung erwartet hätte, dass zumindest der Steuerzahlerbund oder die Wirtschaftsweise das gemeinsame Vorpreschen von Merkel und Macron wegen der damit verbundenen zusätzlichen Belastungen verdammen würden, sah sich schnell eines Besseren belehrt. Stattdessen wurde die Diskussion alsbald zu einer vehementen Verteidigungsveranstaltung für die Europäische Union.

Härten für besonders getroffene EU-Staaten ausgleichen

Nach Meinung von Monika Schnitzer werde mit Blick auf die EU die falsche Diskussion geführt. Es gehe in der aktuellen Situation nicht darum, wer in der Nettozahler ist und wer nicht. Es müsse zwar genau geschaut werden, wofür die Gelder ausgegeben werden. Aber die Härten für die besonders von Corona betroffenen Länder müssten ausgeglichen werden. 

Europa brauche neue, in die Zukunft gerichtete Projekte, Stichwort Green Deal, Gesundheit, Digitalisierung. Vor allem aber brauche Europa den großen gemeinsamen Markt, um international konkurrenzfähig zu sein. Nach der Krise müsse man wieder zu Wachstum gelangen, damit genauso wie nach der Finanzkrise von 2008 erneut die Schulden abgebaut werden könnten.

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Linnemann: Jeder EU-Staat soll für seine Schulden haften

Und auch der CDU-Politiker Linnemann freute sich darüber, dass überhaupt über die Zukunft der EU geredet wird. Allerdings hält er wenig von Europa als Bundesstaat, er möchte an einem Europa als Staatenbund festhalten, in dem jeder für seine Schulden selbst haftet. 

Insofern habe der österreichische Staatschef Sebastian Kurz mit der Gruppe der „Sparsamen Vier“ Recht, dass die Gelder nicht versickern dürften. Richtig sei eine Mischung aus Krediten und Zuschüssen. Man solle jetzt auf den Vorschlag der EU-Kommission unter Ursula von der Leyen am Mittwoch warten.

Annalena Baerbock ließ Anne Wills Frage, ob man noch mehr Schulden für die Überwindung der Coronakrise den Steuerzahlern zumuten kann, unbeantwortet. Die Grünen-Forderung nach einem Hilfspaket von 1000 Milliarden Euro verteidigte sie damit, dass es darum geht, den Binnenmarkt wieder auf die Beine zu bringen – nicht zuletzt weil Deutschland auf die Zulieferer aus anderen EU-Ländern angewiesen ist. Es sei komplett richtig, dass man das nun gemeinsam angeht. Sonst sprängen andere wie China in die Bresche und böten sich als Freunde an.

Holznagel gegen einen Überbietungswettbewerb

Reiner Holznagel wandte immerhin ein, dass bereits vor dem Merkel-Macron-Vorschlag mit dem ESM-Paket 550 Milliarden Euro zur Verfügung standen, die unter anderem von Italien nicht abgerufen wurden. Immerhin damit blieb er sich treu: Man müsse darauf achten, die europäischen Steuerzahler nicht zu überlasten. Und dass es in Europa nicht zu einem Überbietungswettbewerb komme, sagte der Präsident des Steuerzahlerbundes.

Viel mehr Verteidigung musste Olaf Scholz gar nicht mehr aufbringen. So solle es nach dem Vorschlag von Deutschland und Frankreich keine pauschale Mittelzuweisung an die Länder geben, sondern zweckgebunden für Projekte mit Zukunftsperspektiven. Projekte, die jetzt und nicht in einer fernen Zukunft helfen müssten. Und die Kredite würden von der EU aufgenommen – und auch zurückgezahlt.

Anne Will selbst hielt sich zurück. Nur einmal widersprach sie einem Gast, als der Präsident des Steuerzahlerbundes behauptete, alle Deutschen würden Steuern zahlen. Aber darüber, dass auch beim Abbau von Steueroasen in Europa künftig das Mehrheits- statt des Einstimmigkeitsprinzip herrschen sollte, war an diesem Abend schon gesprochen worden.

Unsere Souveränität werden wir in Europa nur gemeinsam sichern können, sagte auch Olaf Scholz. Am Ende konnten Gäste und Zuschauer von ihm auch noch etwas anderes lernen. Dass sein Ministerium an Konsumgutscheinen arbeite, sei erfunden. Scholz plädierte dafür, dass man nicht alles für bare Münze halten sollte, was das Finanzministerium alles angeblich plant. Besser sei es, bei ihm nachzufragen. Den Vorschlag seiner Parteifreundin Franziska Giffey zu einer Neuauflage eines Kinderbonus unterstütze er aber tatsächlich.

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