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Kommt die Welle. kommt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in die Talkshow "Anne Will".

© IMAGO/Jürgen Heinrich

"Anne Will" zur Corona-Politik: Themennebel und Fragengewitter

Die ARD-Talkshow wollte die Corona-Politik bilanzieren. Was kam, war eine Zwischenbilanz - und Intensivpfleger Ricardo Lange.

Den Talkshows bietet sich derzeit eine reiche Palette an Krisen, über die diskutiert werden: Ukraine-Krieg, unsichere Gasversorgung. Und gerade meldet sich ein Thema zurück, von dem viele gehofft hätten, es hätte sich verflüchtigt: Corona. Das Gegenteil ist ja der Fall. Deutschland befindet sich vor einer "Sommerwelle", die 7-Tage-Inzidenz steigt, desgleichen die Zahl der an Covid-19-Erkrankten auf den Intensivstationen.

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Und jetzt: "Ist Deutschland auf die nächste Welle besser vorbereitet?" Anne Will wollte in ihrer Talkshow schon eine erste Bilanz ziehen. War im Endeffekt nicht möglich, denn welche Maßnahmen gezogen werden, gezogen werden sollen, ist unklar. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), an dessen Talkshow-Frequenz sich die Inzidenz überdeutlich ablesen lässt, wollte durch vorschnelle Ankündigungen "die Bevölkerung nicht verunsichern". Und den Koalitionspartner FDP auch nicht.

Lauterbach steckt mitten in den Verhandlungen mit Justizminister Marco Buschmann, über den Verlauf wollte er nichts berichten, da wäre Christine Aschenberg-Dugnus, die für die FDP im Gesundheitsausschuss des Bundestages sitzt, auch nicht sonderlich amused gewesen. Neuerlicher Lockdown? Impfpflicht? Maskenpflicht? Schulschließungen - der Zuschauer konnte nach den 60 Minuten nichts ausschließen, die Runde blieb da ausgesprochen vage.

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Ricardo Lange wettert

Spät, ja zu spät kam die Talkshow zum angekündigten Thema. Was auch an Ricardo Lange lag. Er ist Intensivpfleger und dem Tagesspiegel-Publikum bestens bekannt. Lange ist die personifizierte Version von "Wenn Politik auf Wirklichkeit trifft". Lange ist damit für jede Runde eine positive Zumutung: "Wenn ich höre, man will die Intensivstationen entlasten, dann sitze ich vor dem Fernseher mit geballter Faust." Und er wetterte weiter, weil ihn die personelle Lage in Kliniken und Krankenhäusern stinksauer macht. Ricardo Lange grollte, entlud ein Fragengewitter, er brachte, ob er wollte oder nicht, Stimmung in die Runde.

Lauterbach widersprach, unterstützt von der FDP-Politikerin. Ein neues Pflegeentlastungsgesetz sei in Arbeit, überhaupt ist im Hause Lauterbach und in den Ministerien viel. viel in Arbeit. Wie gesagt, zur Bilanz fand "Anne Will" nicht, wohl aber zur Zwischenbilanz. Darin fand sich auch Christina Berndt, Wissenschaftsredakteurin der "Süddeutschen Zeitung", die eine Maßnahmen-Evaluation anmahnte. Bestimmt nicht die schlechteste Idee, aber kommt sie nicht spät.

Viel Meinungswirrwarr

Die Talkshow bot mehr Meinungswirrwarr als Klarheit, weshalb sich der Eindruck einstellen musste: Deutschland, genauer: deutsche Politik geht nicht wirklich gut vorbereitet in die nächste Welle. Fehlen Daten, ist Abwasser-Monitoring eine Lösung? Karl Lauterbach muss jetzt liefern.

Wird "Anne Will" darüber diskutieren? Eine Talkshow nach der anderen geht in die Sommerpause. Die Kriege und Krisen tun es nicht. Heißt: Das deutsche, das öffentlich-rechtliche Fernsehen ist darauf nicht vorbereitet.

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