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Henryk M. Broder

© dpa

Antisemitismus-Vorwurf: Vorteil Broder

Im Rechtsstreit zwischen Evelyn Hecht-Galinski und Henryk M. Broder hat die 28. Zivilkammer des Kölner Landgerichts am Mittwoch das Urteil gesprochen. Das Ergebnis: Henryk M. Broder darf seinen Antisemitismus-Vorwurf aufrecht erhalten - muss ihn aber belegen.

Anlass des Verfahrens war eine Klage der Tochter des verstorbenen langjährigen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Heinz Galinski, gegen den Publizisten, der als Autor auch für den Tagesspiegel tätig ist. Hecht-Galinski fühlte sich beleidigt, weil Broder ihr in einem Internetbeitrag Antisemitismus vorgeworfen hatte. Sie erwirkte eine einstweilige Verfügung, gegen die Broder Widerspruch einlegte. Der Fall wurde – wie gestern berichtet – Mitte August verhandelt.

Das Gericht entschied unter Änderung der ursprünglichen Verfügung nun, dass Broder eine Aussage wie in seinem Beitrag nur dann nicht tätigen darf, wenn er keinen Sachbezug herstellt, das heißt seine Ansicht nicht mit einer Begründung versieht. Dann nämlich überschreite er die Grenze zur Schmähkritik. Grundsätzlich sei die Äußerung, Hecht- Galinski gebe antisemitische Statements ab, aber nicht verboten worden. Es müsse jedoch eine „konkrete Auseinandersetzung mit ihren Positionen“ erkennbar sein. Inwieweit der notwendige Sachbezug dann vorliege, müsse „im Einzelfall anhand einer konkreten Äußerung“ beurteilt werden.

Damit wies die Kammer den weitergehenden Antrag der Klägerin zurück. Hecht-Galinski wollte Broder generell die Behauptung untersagen lassen, sie äußere sich antisemitisch. Doch die Richter argumentierten, zwischen den Parteien finde eine auch in der Öffentlichkeit ausgetragene Auseinandersetzung statt, in der beide Seiten „zum Teil ehrverletzende Formulierungen“ verwendeten. Daher müsse sich Hecht-Galinski „in erheblichem Maße Kritik wegen ihrer öffentlichen Äußerungen gefallen lassen“.

Diese fühlte sich gleichwohl als Gewinnerin: „Ich begrüße diese Entscheidung sehr. Auch deshalb, weil Broder und seine Helfer in den letzten Tagen vergeblich versucht haben, einen extrem starken Mediendruck auf das Gericht und mich mittels weiterer Verunglimpfungen auszuüben.“ Auf der Grundlage des Urteils werde sie „gegen diese Verunglimpfungen und vergleichbaren Äußerungen auch in Zukunft vorgehen“.

Henryk M. Broder sagte: „63 Jahre nach dem Ende des Nazireichs ist es anscheinend weiterhin eine offene Frage, was Judenhass ist.“ Ein Satiremagazin habe vor einigen Jahren ironisch gefragt: „Schrecklicher Verdacht: War Hitler Antisemit?“ Offenbar könne man „selbst diese Frage immer noch nicht mit einem einfachen Ja beantworten“. Dennoch sei der Richterspruch ein erheblicher Fortschritt gegenüber der einstweiligen Verfügung, denn von dieser seien „nur Fragmente übrig geblieben“, sagte Broder. Er werde daher „auch weiterhin und unverändert“ seiner publizistischen Tätigkeit so nachgehen, wie er es „für geboten und angemessen erachte“. Alex Feuerherdt

Alex Feuerherdt

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