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Ein Monument in Pristina, im Kosovo.

© AFP

Arte-Doku über Bosnien und Kosovo: Desaster nach dem Desaster

„Europas vergessene Protektorate“: Eine Arte-Doku über Bosnien und Kosovo zeigt auch, was aus dem Geld geworden ist, das nach dem Zerfall Jugoslawiens in diese Regionen floss.

Von Caroline Fetscher

Brennende Städte, umgestürzte Minarette, verkohlte Kirchen: So sah es im zerfallenden Jugoslawien der 1990er Jahre aus. Heißer Krieg, mitten in der Euphorie um das Ende des Kalten Krieges. Seither sind Tausende gut bezahlter, westlicher Experten in die Zerfallsprodukte des Staates gepilgert, um neuen, demokratischen Staaten auf die Beine zu helfen. Milliarden westlicher Steuergelder flossen vor allem nach Bosnien und Kosovo, „Europas vergessene Protektorate“, wie der Dokumentarfilm von Rüdiger Rossig und Zoran Solomun diese beiden Gebiete nennt. Die Autoren interviewen hohe Beamte der Europäischen Union, Diplomaten, Studierende, Arbeiter und Arbeitslose.

Zu sehen ist soziales und ökonomisches Brachland, ein Desaster nach dem Desaster. Zu spüren ist hinter der Enttäuschung schwelender Zorn. Wo ist das Geld geblieben? Wer hat davon profitiert, etwa von den 1,2 Milliarden Euro , die allein in ein 80 Kilometer langes Stück kosovarischer Autobahn investiert wurden? Das fragt dieser Film.

Hier wie dort, Bosnien wie Kosovo, dasselbe Bild. Fabriken stehen still, die Leute kämpfen ums Überleben, Fachkräfte wie Mediziner flüchten aus den Armenhäusern, in denen erzwungene Privatisierung zu Korruption verführt und führt, auch die Medien werden von mafiösen Strukturen durchzogen. Unterdessen breitet sich islamistischer Fundamentalismus aus.

In einigen Orten besuchen katholische und muslimische Kinder jetzt in getrennten Schichten dieselbe Schule, „two schools under one roof“ wird das dysfunktionale Konstrukt genannt, geduldet von realitätsblinden Geldgebern – auf deren Hilfe dennoch alle warten. „Erlernte Hilflosigkeit“ nennt ein Psychologe den Zustand, den man in Brüssel so ignoriert wie befördert.

„Bosnien und Kosovo – Europas vergessene Protektorate“, Arte, 0 Uhr 05

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