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Geldsegen. Der Bewährungshelfer Benno (Christoph Maria Herbst) kann sein Glück nicht fassen, das er plötzlich in seinen Händen hält.

© WDR/Martin Valentin Menke

Arte-Film "Die Kleinen und die Bösen": Auf Bewährung

Markus Sehrs Komödie „Die Kleinen und die Bösen“ überzeugt durch Tempo, frechen Witz - und das Ensemble um Christoph Maria Herbst

Benno (Christoph Maria Herbst) ist ein gutmütiger Bewährungshelfer, der seinem Klienten widerstandslos auch den dritten Gutschein für einen neuen Kühlschrank ausstellt. Wohl wissend, dass der junge, aus dem Kosovo stammende Ivic (Ivo Kortlang) auch die ersten beiden schon „vertickt“ hatte. Benno sieht das pragmatisch: Schließlich koste jeder Straftäter, der im Knast sitzt, den Staat 130 Euro am Tag, auf Bewährung aber nur 2,50 Euro.

Ein besonders schwerer Fall ist allerdings Hotte (Peter Kurth), ein ungehobelter Klotz, mehrfach vorbestraft – und Vater von zwei Kindern. Die Frau ist auf und davon, nun ist auch noch die Oma gestorben, also entdeckt Hotte die Vaterpflichten. Schon wegen des Kindergeldes. Der 14-jährigen Jenny (Emma Bading) und dem 15-jährigen Dennis (Jasper Smets) bietet er erst mal eine Runde Zigaretten an.

Resozialisierung als permanentes Scheitern, dazu die Gewalt und die herbe Gossensprache Hottes: Die Komödie „Die Kleinen und die Bösen“ kommt furchtlos unkorrekt und ungeschönt daher. Auf Strecke ist der Film ein sonderbarer Genre-Mix, der sein Publikum erst mit dem unflätigen Hotte vor den Kopf stößt, dann mit dem Unfall-Tod von Hottes Sohn Dennis eine tragische Wendung nimmt, um schließlich in eine verwickelte Räuberpistole mit versöhnlichem Ende zu münden.

Durchwachsene Kritiken nach der Kinopremiere

Entsprechend durchwachsen fielen die Kritiken aus, als der Film von Markus Sehr („Eine Insel namens Udo“) im Herbst 2015 endlich in einige Kinos kam. Da war das Drehbuch von Martin Ritzenhoff und dem österreichischen Musiker und Autors Xaõ Seffcheque („Manta – Der Film“) schon mehr als zehn Jahre alt. Der Tod des ersten Produzenten Andreas Thiel und die Bedenken von Fernsehredakteuren gegen den Filmtod eines jugendlichen Protagonisten hatten laut Xaõ Seffcheque eine schnellere Realisierung verhindert. „Das funktionierte plötzlich, als wir einen Star hatten: Christoph Maria Herbst. Ohne Star, ohne Sender und ohne Verleih kriegst du einfach kein Geld“, sagte der Autor in einem Zeitungsinterview.

Neben Herbst, der den Bewährungshelfer keineswegs als Sozialarbeiter-Karikatur spielt, prägt vor allem Peter Kurth mit seiner physischen Präsenz den Film. Hotte ist eine Dampfwalze von Proll, dem die Macher jede Sozial-Romantik ausgetrieben haben und der auf eher eigenwillige Art herzlich ist. Hottes Traum: „Noch mal so richtig fett durchstarten“ auf Malle, wo er mal drei Jahre lang gelebt und als „Schankanlagenbetreuer“ gearbeitet hat. Benno will Hotte dagegen nach Dennis’ Tod nun doch wieder in den Knast bringen. Außerdem hat der Bewährungshelfer private Probleme. Seine Frau Tanja (Anneke Kim Sarnau) wünscht sich Kinder, aber Benno verschweigt ihr, dass er unfruchtbar ist. Und dank der portugiesischen Kellnerin Anabell (Dorka Gryllus) hat er bald ebenfalls ein fernes Traumziel. Ivic mischt auch noch fröhlich mit. So entwickelt sich eine wendungsreiche Gaunerkomödie mit Sympathie für die „Kleinen“. „Böse“ ist hier eigentlich nur der „Wiener“ (Reinhold Moritz), der Platzhirsch unter den Ganoven, dessen atemloses Österreichisch wie die Sprache eines Außerirdischen klingt.

Eine unterschätzte Komödie

„Die Kleinen und die Bösen“ mag von vielem nur ein bisschen und deshalb insgesamt kein Meisterwerk sein, ist aber eine etwas unterschätzte Komödie, weil sie neben prägnanten Typen und überzeugenden Schauspielern mehr Tempo und frechen Witz mitbringt als die meisten anderen Filme aus deutscher Humorproduktion. Am Ende schnurren die Grobheiten auf ein märchenhaftes Happy End zusammen. Immerhin: Die Resozialisierung auf Speed scheint geglückt zu sein.

„Die Kleinen und die Bösen“, Arte, Freitag, 20 Uhr 15

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