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Von wegen zickig. Katharina (Nadeshda Brennicke) betrügt ihren Mann mit Alexander (Mehdi Nebbou). Foto: NDR

© NDR/Jumping Horse Film/Fatih T

Arte-Film: Herz entzwei

Nadeshda Brennicke als unausgefüllte Galeristin im Beziehungsdrama.

Wenn alles nach Hochglanz aussieht, stimmt etwas nicht. Dass es das nicht gewesen sein kann, findet jedenfalls Katharina (Nadeshda Brennicke) von ihrem Leben. Okay, das Haus auf dem Land ist ein Architektentraum, fließende Räume, kühle Backsteinflächen, und morgens joggen kann man gut. Der Job in einer Hamburger Galerie ist auch nicht ohne, da steht man mit netten Kolleginnen in hübschen Kostümchen herum und philosophiert über das Liebesleben der Künstler. Auch der familiäre Hintergrund (Vater Antiquar, Mutter lebenslustig, Tochter hoffnungsvolle Nachwuchsschauspielerin) ist kulturell absolut vorzeigbar. Nur Ehemann Christoph (Mark Waschke), freischaffender Architekt mit einer Vorliebe für Nullenergiehäuser, ist selbst, nun ja, etwas zu niedrigenergetisch.

Alles so schön, so glänzend schön. Wie kommt es nur, dass dieser Traum vom schönen Leben in der Regie von Christian Alvart so klein wirkt? Nadeshda Brennicke hat in der Rolle der unausgefüllten Galeristin Katharina etwas Zickig-Schmallippiges, die Rücksichtslosigkeit der Aufsteigerin, das ist bei ihren apart-sinnlichen Zügen schon eine Kunst. Pech auch, wenn der Ausbruchstraum aus dieser Luxushülle nicht viel weiter führt als an den Elbestrand, das wilde Leben aus einem außerhalb der Reihe freigenommenen Tag und einem Ausflug zum Motorradrennen besteht. Spätestens, wenn die neue Liebe, die in Form des attraktiven Fremden (Mehdi Nebbou) im Vorortzug um 8 Uhr 28 aufgetaucht ist, sich nach kurzer Affäre zwecks Selbstverwirklichung nach Afrika entfernt, ist alles wieder vorbei. So weit sollte er dann doch nicht gehen, der kleine Seitensprung zur Elbe.

Das hätte die Geschichte eines sich krebsartig ausbreitenden Grundzweifels sein können, das schlechte Gewissen einer Erfolgsgeneration, die plötzlich merkt, dass karrieretechnische Selbstverwirklichung allein vielleicht nicht genügt zu einem erfüllten Leben. Doch die existenzielle Grunderschütterung spürt man nicht hinter der glatten Fassade. Immer wieder blickt die Kamera (Ngao The Chau) aus der Vogelperspektive auf die Welt, sieht die Züge spielzeugklein durchs Land ziehen, und die Bewohner wie Ameisen in ihrem Haus. So klein erscheint letztlich auch der Film „8 Uhr 28“, klein, vorhersehbar und ziemlich fade, Dutzendware aus der Fernsehproduktion. Da werden im Drehbuch von Sebastian Schubert Leben und Tod und Eheglück aufs Spiel gesetzt, und am Ende reicht es nur für eine dreimonatige Auszeit in China und einen Dialog wie „Ich habe jemanden kennengelernt. - Ist es etwas Ernstes? - Das weiß ich nicht.“ Kein Wunder, dass das hölzern klingt im Mund der Schauspieler.

Überraschen Sie mich, möchte man dem Film zurufen, doch die Überraschung bleibt aus in diesem Plot. „Es ist eine alte Geschichte/doch bleibt sie ewig neu. Und wem sie just passieret, dem bricht das Herz entzwei“, dichtete Heinrich Heine. Von wegen.

„8 Uhr 28“, Arte, 20 Uhr 15

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