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Augenringe: Benebelter Live-Stream

Wenn Nebel Olympia in Sotschi unmöglich macht, erfüllt die ARD ihren Bildungsauftrag.

Fernsehen rund um die Uhr – das war so ein Kinderwunsch. In Erfüllung ging der nicht, da stand der gestrenge Vater vor. Vor Sonnenuntergang ging schon gar nichts, und auch danach gab es bewegte Bilder in Kinderportionen. Jetzt endlich hole ich das Versäumte nach und das auch noch während der Arbeit – wunderbar! Weil ich außerdem gerne auf Skiern stehe, ist das „Boardercross Finale der Herren“ zwischen 10 Uhr 25 und 11 Uhr 30 perfekt. Wäre es – denn wir sehen, dass wir nichts sehen – im Live-Stream der ARD – nichts als Nebel über Sotschi. Der muss wohl auch den Moderator verschluckt haben, denn abgesehen von den Rufen winkender Russen ist nichts zu hören. Nach einer Viertelstunde hat die Regie ein Einsehen und schaltet auf Kamera zwei. Nun sitze ich vor dem Bild der Sporthallen, unterlegt mit dem Rauschen von Verkehr und dem fernen Bellen eines einsamen Hundes.

Dagegen sind die Aufzeichnungen aus dem Führerhäuschen der S-Bahn, die nach Sendeschluss im Dritten liefen, ein Thriller. Nun gut, im „Liveticker“ lesen wir, dass die Startzeit des Wettbewerbs auf 10 Uhr 45 verschoben ist. Dieser letzte Eintrag stammt aber von 10 Uhr 25 und steht auch eine Stunde später noch da, dabei mussten die Fahrer längst über die Piste wedeln. Aber ich will nicht klagen. Gemessen an den Zeiten, als ein Testbild Programmlücken auffüllte, ist das eine Revolution. Außerdem muss ich mir keinen Sorgen um die Kinder machen: Dieses Programm schalten die sogar freiwillig ab. So gesehen, erfüllt die ARD ihren Bildungsauftrag und beugt rechteckigen Augen vor. Ralf Schönball

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