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Die EU haben sich mit den USA auf ein Nachfolgeabkommen zu Safe Harbor. Es trägt den wohlklingenden Namen "Privacy Shield".

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Aus "Safe Harbor" wird "Privacy Shield": Ein neues Etikett schützt auch keine Daten

"Privacy Shield" heißt das neue Abkommen, das die Privatsphäre der Europäer bei Datentransfer in die USA schützen soll. Dass es das tut, darf getrost bezweifelt werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Kurt Sagatz

An wohlklingenden Namen für die Abkommen zwischen der Europäischen Union und den USA über den Austausch von digitalen Daten gibt es offensichtlich keinen Mangel. Safe Harbor heißt das Abkommen, das im vergangenen Oktober vom Europäischen Gerichtshof gekippt wurde, weil sich die Daten europäischer Bürger in den USA alles andere als in einem sicheren Hafen befinden. Die EU-Richter waren zu dem Ergebnis gekommen, dass die Daten von Nichtamerikanern in den USA durch US-Behörden und Geheimdienste massenhaft, unkontrolliert und juristisch nicht überprüfbar ausgespäht werden. EU und USA haben sich nun auf ein neues Abkommen verständigt. Es trägt den ebenfalls wohlklingenden Namen „Privacy Shield“.

Fast möchte man an Captain Amerika denken, der mit seinem Schild die Privatsphäre der Menschen und deren Daten schützt, die sie bei Amazon, Microsoft, Google, Apple, Facebook oder anderen Datensammelstellen abgelegt haben. Weit gefehlt. Es wurde nicht etwa festgelegt, dass die Daten von Europas Bürgern in den USA für Behörden und Geheimdienste wie die NSA tabu sind. Die Einigung besagt vielmehr, dass der Zugriff künftig selbst bei Gründen der nationalen Sicherheit – Stichwort Patriot Act – „klaren Bedingungen, Sicherungen und Kontrollmechanismen“ unterliegt. So ehrlich ist man immerhin.

Europas Grüne bezeichnen die Einigung als "Witz" und "dünne Vorlage"

EU-Kommission, der deutsche Innenminister und der Branchenverband Bitkom feiern die Einigung als tragfähige Basis, während Europas Liberale zumindest Bedenken haben und die Grünen von einem „Witz“ beziehungsweise einer dünnen Vorlage sprechen. Ganz sicher ist, die Verhandlungen wurden unter Hochdruck geführt, denn Europas Datenschützer hatten den Parteien eine klare Frist gesetzt, die gerade noch eingehalten wurde. Sollte nicht bis Januar ein neues Abkommen vorliegen, würden andernfalls alle notwendigen und angemessenen Maßnahmen ergriffen.

Anders gesagt: Europäische Unternehmen, die Daten ihrer Kunden dann weiterhin im unsicheren Hafen USA speichern, hätten beispielsweise mit teuren Strafzahlungen rechnen müssen.

So wenig wie Safe Harbor die Datenschutzinteressen der europäischen Bürger gegen die übersteigerte Datensammelwut der US-Geheimdienste geschützt hat ist das Privacy Shield ein wirklich wirksamer Schutz der Daten.

Was nützt die Einrichtung eines Ombudsmann beim US-Außenministerium, bei dem man sich gegen Verstöße beschweren kann, in der Praxis, wenn man nicht weiß, welche staatlichen Stellen insgeheim auf die Server von US-Unternehmen zugreifen können? Diese Frage sollten sich die Menschen in der Europäischen Union ebenso stellen wie Unternehmen, ob nun unter Safe Harbor oder bald Privacy Shield - zumindest bis zu einer erneuten gerichtlichen Überprüfung durch den EuGH.

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